Documenta:In der Reisscheune

Documenta: "Lumbung Calling" heißt die Gesprächsreihe, mit der die fünfzehnte Ausgabe der Documenta an diesem Wochenende beginnt.

"Lumbung Calling" heißt die Gesprächsreihe, mit der die fünfzehnte Ausgabe der Documenta an diesem Wochenende beginnt.

(Foto: Iswanto Hartono, ruangrupa. 2021)

Am Wochenende beginnt die Documenta. Das Kuratorenkollektiv Ruangrupa gibt die Themen mit einer Reihe von Gesprächen vor.

Von Catrin Lorch

Mit einem Gespräch beginnt die fünfzehnte Ausgabe der Documenta an diesem Wochenende. "Lumbung Calling" ist der Titel des Begleitprogramms, wobei der indonesische Begriff Lumbung die zentrale Metapher der nächsten Ausgabe der bedeutendsten Ausstellung für zeitgenössische Kunst weltweit ist: "Lumbung" bezeichnet eine gemeinschaftlich genutzte Reisscheune.

Thema des ersten Gesprächs, das von der Moderatorin Jumana Emil Abboud und dem Ruangrupa-Mitglied Mirwan Andan geleitet wird, ist "Lokale Verankerung". Gäste sind die Wissenschaftlerin Melani Budianta von der Universitas Indonesia und Armin Salassa, ein indonesischer Bio-Bauer und Aktivist aus Südsulawesi. Es solle darum gehen, aufzuzeigen wie "politische, soziale und ökonomische Modelle aus verschiedenen Blickwinkeln herausgefordert werden können", heißt es in der Ankündigung, "durch die Perspektive eines Samens ebenso wie durch die zärtlichen Stimmen besorgter Mütter".

Der theoretische Vorlauf hat bei der Documenta Tradition

Der programmatische Vorlauf der Documenta hat Tradition, spätestens seit Okwui Enwezor seiner elften Documenta vier gewaltige Konferenzen - unter anderem in Neu-Delhi, Lagos und auf der Karibikinsel St Lucia - vorangehen ließ. Diese Diskussionen wirkten wie staatstragende Auftritte, die der Weltkunstschau Themen wie "Kreolisierung" oder "Demokratie als unvollendeter Prozess" vorgaben. Documenta-Kuratorin Carolyn Christov-Bakargiev weihte schon zwei Jahre vor der eigentlichen Vernissage ihrer Documenta 13 ein Kunstwerk ein (Giuseppe Penones "Ansichten eines Steins") und der jüngsten Ausgabe, der documenta 14, ging ein Veranstaltungsprogramm mit Konzerten, Künstlergesprächen und Performances an den beiden Standorten Kassel und Athen voraus.

Die Kuratoren der nächsten Ausgabe, das Künstlerkollektiv Ruangrupa aus dem indonesischen Jakarta, machen damit klar, dass sie auch unter den Bedingungen der Corona-Pandemie weiterhin an dem Termin der nächsten, offiziell "documenta fifteen" genannten Folge festhalten, die pünktlich am 18. Juni 2022 in Kassel eröffnen soll. Bis dahin sind zunächst insgesamt sieben Veranstaltungen geplant, die virtuell über die Documenta-Website, Facebook und Youtube zugänglich gemacht werden. Nach und nach wolle man diese, wenn möglich, durch hybride Formate und Publikumsveranstaltungen in Kassel ersetzen, wo Ruangrupa vor einigen Monaten ein "Ruru Haus" als Standort in der Fußgängerzone bezogen hat.

Jeweils am ersten Samstag eines Monats werden Kuratoren und Gäste sich nun Themen wie "Humor" und "Großzügigkeit" stellen, sich über "Unabhängigkeit" unterhalten, "Transparenz", "Genügsamkeit" und "Regeneration" - so die Titel der Veranstaltungen. Die erste Ausgabe gilt dem Begriff der "Lokalen Verankerung". Er "betont die Bedeutung des Bodens und der Erdung in unserer globalisierten und doch gespaltenen Welt", so die Documenta: "Ein Boden, der es ermöglicht, Wurzeln zu schlagen, und der Bäume über viele Kilometer hinweg miteinander verbindet. Ähnlich wie Bäume, die gegenseitige Signale zurückwerfen, können auch Ernte- und Anbaumethoden miteinander resonieren, gegenseitig von überlieferten Weisheiten profitieren und so neuartige Ressourcen erschließen."

Wem das vielleicht lebensnah, aber doch kunstfern vorkommt, der wird bei aufmerksamer Lektüre bemerken, dass in der Pressemitteilung programmatisch auch auf den Begriff "Ausstellung" verzichtet wurde. Und bei der Aufzählung der Gesprächspartner, mit denen die Weltkunstschau ihre ersten Schwerpunkte setzt, sogar die Berufsbezeichnung "Künstler" fehlt, man setzt auf "Akademiker*innen, Aktivist*innen, unabhängige Forscher*innen, Biobäuer*innen, Fischer*innen sowie Organisator*innen von Festivals - allesamt Akteur*innen, die sich großen Herausforderungen stellten und durch ihr Handeln bedeutsame Veränderungen anstießen". Die Ko-Moderatorin Jumana Emil Abboud wird sogar als Erzählerin ("Oral History") angekündigt - auch wenn sie bereits auf einigen Künstlerlisten von Biennalen und Großausstellungen dabei war.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: