Süddeutsche Zeitung

Disney in Concert:Tanzende Pilze

Disneys "Fantasia" eröffnet die Audi Sommerkonzerte

Von Klaus Kalchschmid, Ingolstadt

Walt Disneys zweistündiger "Fantasia"-Film von 1940 wurde erst 1969 bei der Wiederaufführung im Kino ein großer Erfolg, traf wohl mit seinen psychedelischen Farbexplosionen zu klassischer Musik auch den Nerv der Zeit; als "Fantasia 2000" gab es dann die Fortsetzung. Aber wie man zur Eröffnung der Audi Sommerkonzerte in der neuen, großen und erstmals nicht nur für Betriebsversammlungen und Kongresse genutzten Halle auf dem Werksgelände bei einer Kombination von je vier Episoden aus beiden Filmen mit Livemusik sehen und hören konnte, sind die Computer-Animationen des späteren Films zwar virtuos, aber trotz ihres Pathos seltsam blutleer: So wenn Schwärme fliegender Wale zu Respighis "Pini di Roma" den Weltraum erobern oder die Liebe eines Hirsches zu einer Fee zu Strawinskys "Feuervogel" von einem gewaltigen Vulkanausbruch überschattet wird.

1940 war die Verzahnung von Musik und Zeichentrick noch ungemein witzig, etwa wenn Mickey Mouse als Zauberlehrling in der Tondichtung von Paul Dukas präzise zur Musik von gewaltigen Wassermassen überschwemmt wird oder bei Ponchiellis "Tanz der Stunden" klassischer Spitzentanz im Ballett afrikanischer Strauße, Nilpferde und Krokodile grandios parodiert wird. Dass die Disney-Studios nur diese Hybrid-Fassung mit Livemusik erlauben, wird endgültig ad absurdum geführt, wenn das Duett zweier Silberreiher zu Debussys "Clair de Lune" (nur enthalten in der DVD von 2002) offensichtlich im falschen Format abgespeichert ist.

Immerhin gab es aus dem frühen Film auch die ironisch entfaltete antike Mythologie mit Zentauren, Faunen und herrlich veralberten olympischen Göttern zu Beethovens "Pastorale" und in der Darstellung der Jahreszeiten zu Tschaikowskys "Nussknacker" tanzende Pilze, Blüten, Blätter sowie schlittschuhlaufende Barbie-Glühwürmchen. Und die Philharmonie Salzburg unter Elisabeth Fuchs spielte so jugendlich geschmeidig und prägnant, wie sie besetzt ist.

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Quelle:
SZ vom 01.07.2019
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