Diskussion um Musikpreis:Begrabt den Echo - oder gründet ihn neu

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Die Auszeichnung der mit antisemitischen Klischees spielenden Rapper Kollegah (Foto) und Farid Bang hat beim Musikpreis Echo für einen Eklat gesorgt. (Foto: REUTERS)

Nach dem Antisemitismus-Eklat ist klar: Die Verkaufszahlen dürfen nicht mehr über die Preis-Vergabe entscheiden.

Kommentar von Jens-Christian Rabe

Die Verantwortlichen beim Bundesverband der deutschen Musikindustrie dürften im Moment keine allzu ruhigen Nächte haben. Nach dem Eklat um den Auftritt und die Auszeichnung der beiden mit antisemitischen Klischees spielenden Rapper Kollegah und Farid Bang ("Mache wieder mal 'nen Holocaust, komm an mit dem Molotow") beim Musikpreis Echo, kommt die Szene nicht zur Ruhe.

Das ganze Elend war ja am vergangenen Donnerstag, der auch noch der israelische Holocaust-Gedenktag Jom haScho'a war, am Abend live im Fernsehen zu sehen. Am Montag gab nun nicht nur das Berliner "Notos Quartett" seinen Klassik-Echo aus dem vergangenen Jahr zurück, sondern auch der Musiker, Grafiker und Beatles-Komplize Klaus Voormann den Lebenswerk-Preis, den er am Donnerstag aus den Händen von Wolfgang Niedecken erhalten hatte. Er habe sich, so Voormann, bewusst Zeit gelassen mit der Entscheidung und sich erst einmal mit den umstrittenen Texten von Farid Bang und Kollegah beschäftigt. Nun müsse er aber "sein Unverständnis ausdrücken gegenüber der Verantwortungs- und Geschmacklosigkeit aller verantwortlichen Beteiligten, die es nicht geschafft hätten, rechtzeitig Konsequenzen zu ziehen". Peter Maffay sprach in einem Facebook-Video-Statement von Dummheit und Feigheit. Die Veranstaltung sei eine "Ohrfeige" für die Demokratie im Land gewesen, die Verantwortlichen müssten "ihren Hut nehmen".

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Der Chef des Bundesverbands, Florian Drücke, hat bislang kein Rücktrittsgesuch eingereicht, aber am Sonntag erklärt, dass "der Preis auf Entscheidung des Vorstands vom heutigen Tag an überarbeitet" werde. Eine klassische Vorwärtsverteidigung. Immerhin. Details aller Art blieb er natürlich schuldig. Wie ernst der Musikverband die Situation also wirklich einschätzt, war der Meldung nicht zu entnehmen.

Tatsächlich ist die Lage des Echo katastrophal. Im Grunde ist er nämlich kaputt, und genau jetzt der Moment, in dem man ihn entweder für immer begräbt - oder mutig neu gründet. Im Prinzip wäre es gar nicht so schwer: Der Echo darf schlicht kein Preis mehr sein, bei dem Verkaufszahlen entscheiden. Wie bei den Oscars oder den Grammys muss es eine große Akademie-Jury geben. Deren Mitglieder sollten in der weit überwiegenden Mehrheit die Kreativen der deutschen Popmusik sein, nicht die Manager, sondern die Musiker, Songwriter und Produzenten, von der Schlagerpop-Königin Helene Fischer bis zu den Diskursrock-Fürsten von Tocotronic (und in der Folge sollten alle neuen Preisträger Stimmrecht bekommen). Es gibt - auch das zeigen die Grammys - dann zwar weiterhin grausige Entscheidungen, aber vielleicht nicht mehr ganz so grausige. Und viel bessere Gründe über sie zu streiten.

© SZ vom 17.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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