"Die Schadenfreundinnen" im Kino:Heillos überdrehte Irre

Kinostarts - 'Die Schadenfreundinnen'

Leslie Mann (links), Cameron Diaz und Kate Upton als "Schadenfreundinnen".

(Foto: dpa)

Carly, gespielt von Cameron Diaz, ist erfolgreiche Staranwältin. Doch als sie feststellen muss, dass ihr junger attraktiver Freund bereits fest vergeben ist, bricht in "Die Schadenfreundinnen" das Chaos über sie herein.

Von Fritz Göttler

Ja doch, auch Frauen gibt es, die in der Mitte ihres Lebens zu kriseln anfangen, die amerikanischen zumal. Und hin und wieder traut sich das Kino, das amerikanische zumal, sie dabei direkt ins Visier zu nehmen. Das sind dann zum Beispiel Frauen, die ihr Leben so festgezurrt und erfolgreich organisiert haben, dass es keine Ritze für ein bisschen spontanes Glück gibt, ein nahtloses, luft- und lustabschnürendes Korsett. Carly (Cameron Diaz) trägt so ein Ding, sie ist Staranwältin in einem dieser verglasten Businesstower.

Ein Teil ihres Korsetts ist der junge attraktive Mann, den sie an ihrer Seite hat (der Däne Nikolaj Coster-Waldau, der seine Euro-Kanten allmählich zum internationalen Jetset-Charme abgeschliffen hat), und den sie ebenso erfolgreich wähnt wie sie - die neue amerikanische Unabhängigkeit. Die aber still in sich zusammenbricht, als sich eines Nachts herausstellt, dass der Mann noch eine Andere hat, eine angetraute Frau sogar. Das Chaos dringt in die heile Welt, ein großer Hund defäkiert ungeniert in dem weißen Kubus von Carlys Apartment.

Kleine Malheurs des Lebens

Nick Cassavetes hat den Film inszeniert, und wie sein Vater John hat er eine Vorliebe fürs Bodenständige und fürs Ordinäre, für die kleinen Malheurs und etwas größeren Neurosen des Lebens, und die schrägen Momente, die sich daraus ergeben. Sein "The Other Woman" - so der lapidare Originaltitel der "Schadenfreundinnen" - ist ein Meisterstück der Disproportion. Nichts passt hier zueinander, man rätselt die ganze Zeit, wie diese heillos überdrehten Irren eigentlich zusammengefunden haben.

Welche Anziehungs- und Stabilisierungskräfte am Werk sind in ihren Beziehungen, um welche Zentren diese Existenzen kreisen mögen. Glatte Oberflächen überall, die Wohnungen sind überdesigned, die guten Ratschläge der Sekretärin im Büro abgezirkelt bis zum Zynismus, der Geliebte ist smart und langweilig, und die Frauen zelebrieren ihre Hysterie wie Schauspielerinnen, die heimlich immer wieder nach dem Regisseur schielen.

Einfach bestürzend, wenn Carly tatsächlich für einen munteren zweisamen Abend im Klempner-Service-Dress und mit dem Pümpel in der Hand vor der Tür des Geliebten steht . . . Frauen unter Einfluss eben. Es ist, als hätte man dem Film jede Subtilität, jede Sophistication ausgetrieben - also all das, was die derben Späße in den Filmen, die aus der Judd Apatow-Factory kommen, so bemerkenswert menschlich machen.

Derb und direkt

Leslie Mann, Judd Apatows Frau, Hauptdarstellerin und Komplizin, spielt hier sehr derb und direkt jene andere Frau, die Gattin des jungen Mannes, die kläglich überreagiert vor der Konkurrentin. Sie kommt mit ihrem Hund zu Carly ins Büro, ich muss mich erst mal hinlegen, sagt sie, schaut sich um, und schon streckt sie sich auf einer Bank am großen Fenster aus, in immer neuen Verrenkungen - das hat sie bei Jerry Lewis abgeschaut -, dreht sich zur Scheibe und kratzt daran, ein hilfloser Versuch, an Frischluft zu kommen oder auch gleich hinunterzuspringen.

Es ist ein grausamer Film, und lehrreich in dieser Grausamkeit. Und am grausamsten sind die Frauen, wenn sie dann ihre Rache organisieren, zu dritt, denn es taucht noch eine weitere Frau auf neben dem Mann - Kate Upton. Der Film schenkt ihnen schnell noch einige Minuten hektischer Albernheit, gemeinsam, am Strand, in denen sie von Konkurrentinnen zu Buddies werden können. Dann müssen auch sie ihre Lektion lernen - dass es nicht leicht ist im Corporate America, mit seinen festgezurrten Abläufen und automatischen Prozessen, zur Action überzugehen.

Der Mann, dessen größte Missetat eigentlich seine Dummheit ist, rennt am Ende mit dem Kopf gegen die Glaswand. Das ist nicht unbedingt ein Sieg der Frauen, und hinter ihnen taucht ein neuer Mann auf, der von dem Chaos profitiert, es ist der Vater von Carly, Don Johnson spielt ihn in unverschämter Siegerpose.

The Other Woman, USA 2014 - Regie: Nick Cassavetes. Buch: Melissa Stack. Kamera: Robert Fraisse, Schnitt: Jim Flynn, Alan Heim. Mit: Cameron Diaz, Leslie Mann, Nikolaj Coster-Waldau, Don Johnson, Kate Upton, Taylor Kinney, Nicki Minaj, Kenneth Maharaj, Alyshia Ochse, Victor Cruz, Madison McKinley. 20th Century Fox, 109 Minuten.

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