Wie lange muss man eigentlich weg sein, damit die eigene Rückkehr als Comeback zählt? "Still on My Mind" (Sony), das neue Album der britischen Sängerin Dido, wird als Comeback-Album vermarktet, obwohl ihre letzte Platte gerade erst sechs Jahre her ist. Aber gut. Popjahre sind keine gewöhnlichen Jahre. Popjahre sind Hundejahre. Und in Hundejahren war Dido ganze 42 Jahre weg. Passt also. Und es ist auch nicht so, als wäre bei Dido in den vergangenen 42 Jahren großartig was passiert. Musikalisch steht sie immer noch da, wo man sich zum letzten Mal an einen ihrer Songs erinnern kann: in den Nullerjahren. In "Give You Up" spuken die Pianoakkorde durch diesen ganz besonderen Hallraum, der einen an urbane Einsamkeit und Entfremdung denken lässt. In der Ferne pulsiert dramatisch der Herzschlag-Beat. Bu-bupp. Bu-bupp. Das war damals Pop-Zeitgeist, Ausdruck der Verwunderung, dass es die Menschheit halbwegs lebendig ins 21. Jahrhundert geschafft hatte. Heute schafft es Dido so geschickt, dieses Nullerjahregefühl zu triggern, dass man Moby und Enya in diese Songs hineinhalluziniert, obwohl sie gar nicht da sind. "Still on My Mind" ist ein einfach, aber ungemein effektiv gebautes Album. Simple Beatmuster, die Stimme obendrauf, ein bisschen Effekte, Fläche, Atmo. Manchmal kommt ein Piano dazu, manchmal Bläser - je nachdem ob dieser Neo-Esoterik-Pop, der nun auch schon wieder mehr retro ist als neo, gerade eher in Richtung Folk lehnt oder in Richtung Dance. So muss wohl die Zukunft klingen, wenn sie Vergangenheit geworden ist.