Dichterreisen:Südskepsis

"Hübscher Blick auf das adriatische Meer; sonst eigentlich langweilig": Dieter Richter begleitet Theodor und Emilie Fontane nach Italien.

Von Lothar Müller

In Venedig angekommen, fährt das Paar mit der Gondel zum Lido. "Hübscher Blick auf das adriatische Meer; sonst eigentlich langweilig", notiert der Ehemann. Die Gattin ergänzt in ihrem Reisetagebuch, was er von der Adria hält: "Da macht das Meer bei Brighton doch einen anderen Eindruck." Es steckt Novellenstoff in dem schlichten Titel "Fontane in Italien", zwischen dem Reisenden und seinem Ziel herrschte eine gewisse Spannung. Theodor Fontane war anglophil, seinen Ruf als Reiseschriftsteller verdankte er Büchern über England und Schottland. Als er im Herbst 1874, immerhin 54 Jahre alt, mit seiner Frau Emilie zu einer siebenwöchigen Italienreise aufbrach, hatte ihn nicht die berühmte Italiensehnsucht der Deutschen ergriffen. Es war vielmehr der Bequemlichkeitsgrad einer solchen Reise drastisch gestiegen. Seit 1863 gab es eine durchgehende Eisenbahnverbindung von Berlin bis an den Golf von Neapel. Und so nutzte er die Gelegenheit, in Rom, Florenz, Neapel seinen Bildungshorizont zu erweitern. Und brach gleich im nächsten Jahr zu einer Städtereise durch Oberitalien auf.

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