Seit John Donne wissen wir, dass niemand eine Insel ist - außer Paul Simon. Aber es gibt Menschen, die eine Insel besitzen. Wie Diana Ross, die heute 70 Jahre alt wird. Außerdem hat sie fünf Kinder, einige Enkel, einen Grammy fürs Lebenswerk, einen Platz in der Rock'n'Roll-Hall-of-Fame, mehr Hit-Singles als fast jede andere Frau auf diesem Planeten und eine Liste von Chart-Einträgen, so lang, dass niemand sie von vorne bis hinten durchlesen kann, ohne dabei einzunicken.
Und Diana Ross ist ein: Cadillac. Ein amerikanischer Traum aus Detroit, zusammengeschraubt am Fließband von schwarzen Händen für weiße Käufer. Anfangs hatte dieser Cadillac einen Aufkleber, auf dem The Supremes zu lesen war. Es ist die Zeit der Girl Groups; es ist die Zeit, als Gospel und Soul und die Bürgerrechtsbewegung in die Kinderzimmer des weißen Eisenhower-Amerikas zu sickern beginnen.
Kennedy wird gleich eine Wahl gewinnen und Berry Gordy ein paar kleine Firmen gründen, die einmal Tamla Motown heißen werden und in denen er seine Erfahrungen vom Fließband in Motor City auf die Produktion von Pop anwenden kann: jeder Hit wie der andere, bloß der eine mal grün, mal rot, mal black lackiert, ein klein wenig. Ruckel. Zuckel. Rumms. Die Melodien sind genormt, der Rhythmus ist genormt, die Bewegungen der Interpreten sind genormt. Und haben doch das gewisse Etwas, das dem Kunden das Gefühl vermittelt, etwas Besonderes erworben zu haben. Etwas Besonderes zu sein.
Die Hit-Maschine läuft
Aus dem Modell The Supremes wird 1967 Diana Ross & The Supremes; ab 1970 ist Diana, die Göttin des Crossover-Pops dann allein unterwegs - und doch immer den Aufsteigerträumen Berry Gordys verpflichtet: schicke Nachtclubs, Las Vegas, Broadway, Hollywood. Mal lieben sich Diana und Berry, mal wird geschieden, aber die gemeinsame Hit-Maschine läuft und läuft und läuft. Mal werden so hippe Groove-Ingenieure wie Nile Rodgers und Bernard Edwards geholt, um den Straßenkreuzer aufzuhübschen, mal genügt ein Disco-Beat, mal darf es auch Michael Jackson sein, einer ihrer größten Verehrer.
Als Diana Ross bemerkt, dass von den Millionen nichts hängen bleibt, sondern fast das gesamte Geld Richtung Motown wandert, beendet sie zu Beginn der Achtziger die Liaison mit Berry Gordy. Es beginnt endgültig die Zeit der glamourösen Welt-Tourneen und Schmachtfetzen, und wir fragen das Geburtstagskind mit unschuldigem Augenaufschlag: "Where Did Our Love Go?" Auf den Schrottplatz? Kein Problem. Passt.