Deutscher Filmpreis 2008:Aufmarsch der Marionetten

Im Vorfeld hatte es viel Wirbel um den Deutschen Filmpreis 2008 gegeben. Doch die Fernseh-Übertragung schmeckte staubig.

Sarah Ehrmann

Sie kam, sang und siegte. Man muss Barbara Schöneberger nicht mögen. Zu laut, zu überdreht, selbstdarstellerisch, könnte man sagen. Doch an diesem müden Fernsehabend - der Verleihung des Deutschen Filmpreises - gelang es ihr fast, den Filmpreis zu retten. Die Moderatorin war die einzige, die Vitalität verbreitete - wohltuender Lichtblick zwischen den drögen, wie von antriebslosen Marionetten heruntergeleierten Danksagungen.

Deutscher Filmpreis 2008: Regisseur Fatih Akin, Regisseur Alexander Kluge, Schauspielerin Nina Hoss und Schauspieler Elmar Wepper freuen sich übr ihre Preise. Der Deutsche Filmpreis, auch Lola, ist der höchstdotierte nationale Filmpreis.

Regisseur Fatih Akin, Regisseur Alexander Kluge, Schauspielerin Nina Hoss und Schauspieler Elmar Wepper freuen sich übr ihre Preise. Der Deutsche Filmpreis, auch Lola, ist der höchstdotierte nationale Filmpreis.

(Foto: Foto: ddp)

Es hatte im Vorfeld viel Wirbel um die 58. Verleihung des Deutschen Filmpreises gegeben: Im Januar war Til Schweiger kurzerhand aus der deutschen Filmakademie ausgetreten, weil sie den von ihm produzierten Kinoerfolg "Keinohrhasen" angeblich übergangen habe. Großspurig ließ er verkünden, nun wolle er seinen eigenen Filmpreis ins Leben rufen. Die Filmakademie versuchte zwar mehrfach, richtig zu stellen, dass "Keinohrhasen" von Produzentenseite gar nicht eingereicht worden war und somit auch nicht berücksichtigt werden könne, allein, es nutzte nichts. Zum Schluss schloss sich Schweiger nun doch wieder der Akademie an.

Und erschien nun sogar zur Lola-Verleihung im Palais unterm Funkturm in Berlin. Sichtlich gerührt zeigte er sich, als Barbara Schöneberger zu Beginn der Show den verlorenen Sohn namentlich begrüßte und berichtete, "wahnsinnig froh" darüber zu sein, dass er wieder dabei sei. Da glitzerte es feucht im Auge des Multitalents Schweiger. Dies sollte einer der Höhepunkte der Sendung bleiben. Einer der wenigen.

Die Nominierungen der immergleichen Filme in unterschiedlichen Kategorien blieb ohne große Überraschungen: Sechs Mal war Doris Dörries als Favorit gehandelter "Kirschblüten Hanami" nominiert worden. Der sanfte Liebesfilm über zwei Menschen, die erst nach dem Tod des einen Partners wieder zusammenfinden, gewann die Lola für das beste Kostümbild und den besten männlichen Hauptdarsteller. "So eine Rolle bekommt man wahrscheinlich nur einmal im Leben", dankte Schauspieler Elmar Wepper der Regisseurin Doris Dörrie.

Die Auszeichnung in den drei Königsdisziplinen "Bestes Drehbuch", "Beste Regie" und "Bester Film" musste die Autorin und Regisseurin allerdings an Fatih Akin und seinen Film "Auf der anderen Seite" abgeben. Das bereits für den Oscar nominierte Drama über ineinander verwobene Schicksale von sechs Menschen in Deutschland und der Türkei hatte die über tausend Mitglieder der Filmakademie überzeugt - und Fatih Akin gewann die goldene, mit 500.000 Euro dotierte Auszeichnung, sowie zwei Mal 10.000 Euro.

Mit seiner vermeintlichen Dankesrede überraschte Akin dann aber doch. Zunächst beschwerte er sich ein bisschen über die angebliche Demokratie der Filmakademie, blieb aber kryptisch - bis er zum zweiten Mal die Bühne betreten und dann sagen durfte, was er meinte: Dass er es sehr schwierig fände, Kunst zu bemessen. "Nicht für die Schule mache ich Filme, nicht für die Akademie - sondern fürs Leben." Den Kaugummi nahm er dazu leider nicht aus dem Mund und wirkte auch sonst eher orientierungslos - ein bisschen wie an der Kasse beim Schnellimbiss: Bestellen, bekommen, danke, fertig.

Dass die Gala-Show nicht über eine Dramaturgie aus Nominierung und Dankesreden hinauskam, lag wohl auch daran, dass die dreistündige Fernsehsendung schon um zwei Stunden gekürzt worden war - sollte es ergreifende Szenen gegeben haben, wurden sie rausgekürzt.

Aus tiefster Mittelmäßigkeit

Nur zwei Mal zeigten die 1500 geladenen Gäste Gefühl: Nach einer Rückschau auf die im letzten Jahr Verstorbenen der Film- und Theaterwelt - wie Ulrich Mühe, George Tabori und Erwin Geschonneck - flossen nicht nur bei Katja Riemann Tränen.

Als Alexander Kluge für sein Lebenswerk mit dem Ehren-Lola ausgezeichnet wurde, weinte der Weißhaarige vor Rührung, und seine "liebe große Filmfamilie" ehrte den rastlosen Filmemacher mit Ovationen. Er hatte Zeit seines Schaffens für eine Wiederbelebung des deutschen Films gearbeitet. "Alexander Kluge gehörte in den Sechziger- und Siebzigerjahren zu den Protagonisten des 'Neuen deutschen Films', einer Bewegung, die das deutsche Kino aus tiefster Mittelmäßigkeit zu internationalem Ansehen geführt hat", sagte Akademie-Präsident Günter Rohrbach.

Ansonsten wirbelte zwischen steifen Laudatoren - Andrea Sawatzki, Christian Berkel und einem überraschend desorientierten Daniel Brühl - aber nur Moderatorin Barbara Schöneberger durch die Szenerie - mal im silbernen Paillettenkleid, mal in Smaragdgrün, am Ende in Schwarz, scherzte und sang und versuchte dem Abend durch kabarettistische Einlagen etwas mehr Leben einzuhauchen. Auf den Fernsehschirmen blieb die Verleihung leider dröge.

Als "Bester Spielfilm in Bronze" wurde "Die Welle" (Regie: Dennis Gansel) ausgezeichnet, "Bester Dokumentarfilm" war "Prinzessinnenbad". Der Film über drei Teenager in Kreuzberg setzte sich damit gegen den Film über Speed-Klettern "Am Limit" durch. Bester Kinder- und Jugendfilm wurde "Leroy", der auch die Lola für die "Beste Filmmusik" bekam. Die Auszeichnung für die "Beste darstellerische Leistung - weibliche Hauptrolle" ging an Nina Hoss in "Yella", die Lola als "Beste darstellerische Leistung - weibliche Nebenrolle" bekam Christine Schorn für "Frei nach Plan".

Als "Beste darstellerische Leistung - männliche Nebenrolle" wurde Newcomer Frederick Lau für seine Rolle in "Die Welle" ausgezeichnet. Der Neuzugang war so aufgeregt, dass er seine Dankesrede kaum halten konnte. Die Lola für die "Beste Kamera / Bildgestaltung" ging an Benedict Neuenfels für "Liebesleben", für den "Besten Schnitt" wurde Andrew Bird für "Auf der anderen Seite" ausgezeichnet. Den Deutschen Filmpreis für das "Beste Szenenbild" bekam Erwin Prib für "Absurdistan", und die Auszeichnung für die "Beste Tongestaltung" ging an Dirk Jacob, Dominik Schleier, Martin Steyer, Pawel Wdowczak für den Film "Trade".

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