Süddeutsche Zeitung

Deutscher Alltag:Und ewig spinnen die Erben

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Wer wenig besitzt, dem fällt in der Regel das Vererben leicht, davon abgesehen, dass man vorher sterben muss. Schlimmer muss es sein, wenn man reich ist, gar eine Firma hat. In einer solch misslichen Lage ist gegenwärtig der Kölner Verleger Alfred Neven DuMont.

Kurt Kister

Wer nicht viel besitzt, dem fällt in aller Regel auch das Vererben leicht, sieht man einmal davon ab, dass man vorher sterben muss. Die Tochter oder der Sohn bekommen ein paar Sparzertifikate; vielleicht sogar eine Wohnung und in jedem Fall viele Regalmeter voller Bücher. Für den Erblasser war seine Bibliothek die Welt, für die Erben ist sie nach einer gewissen Zeit des Respekts ein Fall für den Gebrauchtbuchverwerter. Das Leben ist eben unbarmherzig, und die Kinder müssen nicht unbedingt grundsätzlich missraten sein, wenn sie die Suhrkamp-Reihe und die Jünger-Sammlung bei Ebay verhökern. Immerhin erlebt man das als Erblasser nicht mehr.

Schlimmer muss es sein, wenn man ernsthaft reich ist, gar eine Firma hat und noch zu Lebzeiten damit konfrontiert wird, dass der Junior oder die Junioresse abdreht. Jahre, vielleicht Jahrzehnte dachte man, der Erbe würde den Betrieb nicht nur weiterführen, sondern auch noch weiterbringen. Dann aber stellt man fest, dass er schon jetzt einen Teil seiner Apanage einem langhaarigen Inder mit Heilsteinen überweist oder die eigentlich sichere Anlage dazu verwendet, Zusammenhänge zwischen den Gesängen der Buckelwale und der Pyramiden-Energie erforschen zu lassen.

In einer solch misslichen Lage ist gegenwärtig der Kölner Verleger Alfred Neven DuMont. Sein Sohn Konstantin hat es zwar nicht mit den Buckelwalen, aber dennoch reicht auch die Energie der Pyramiden nicht mehr aus, den Junior mit dem Senior zu versöhnen, zumal da der Junior die Eigenart zu haben scheint, mit sich selbst im Internet ausführlich zu kommunizieren. Das tun zwar viele Blogger, aber die meisten behaupten nicht, dass der, mit dem sie gerade ein Selbstgespräch führen, ein anderer sei als jener, der antwortet. Allerdings, und das muss man zum Vorteil Konstantins sagen, ist eine vielfältige Persönlichkeit allemal besser als eine einfältige.

Die Posse um die Neven DuMonts findet gerade in Zeitungen enorm viel Aufmerksamkeit, was auch daran liegen mag, dass mancher Journalist auf diese Weise gleichnishaft über seine eigenen Arbeitsumstände zu schreiben meint, ohne sich zu sehr zu exponieren. Selbstverständlich gibt es eigentlich keinerlei Anlässe, über Verleger als solche gleichnishaft zu schreiben oder gar Vorurteile zu hegen. Trotzdem ist der Journalist als solcher wiederum eher zurückhaltend, über Verleger zu schreiben, weil ja auch der kluge Hund nicht in jene Hand beißt, die ihn täglich füttert. Zwar würden die allermeisten Verleger im Zusammenhang mit Journalisten nie an Haustiere denken, höchstens an Kostenfaktoren. Aber eben nur die allermeisten.

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Quelle:
SZ am Wochenende vom 27.11.2010
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