Deutscher Alltag:Da kennt er nichts

Wenn es sein muss, wird SPD-Chef Sigmar Gabriel sogar zum Eisbär: Kurz vor dem SPD-Parteitag kann er trotzdem nur neidisch auf die Grünen schauen.

Kurt Kister

An diesem Wochenende ist SPD-Parteitag, und weil in der SPD mal Leute wie Gustav Noske, Oskar Lafontaine und Wolfgang Clement waren, sollte man der Partei ein paar Gedanken widmen. Na ja, Gedanken stehen derzeit nicht so hoch im Kurs bei der SPD. Wenn sich nämlich einer Gedanken macht, könnte er ja auch Kritik äußern. Kritik wiederum mag der Sozialdemokrat eher nicht, denn Kritik ist meistens irgendwie parteischädlich. Alles, was parteischädlich sein könnte, wird ausgeschlossen aus der Partei, vielleicht mit Ausnahme der Jusos, die aber nicht einmal Sarrazin mehr für gefährlich hält.

Sigmar Gabriel

Sigmar Gabriel posierte als Umweltminister mit dem Konterfei von Eisbär Knut und ging mit dem Eisbär spazieren. Nun flirtet er mit Knut Trittin.

(Foto: AP)

Der gemeine Sozialdemokrat jedenfalls ist einerseits glücklich und andererseits ist er ein armes Schwein. Glücklich ist er, weil die FDP so unfähig ist, wie der Sozialdemokrat immer behauptet hat, und Angela Merkel mit Franz Müntefering viel besser war, als sie es mit Guido ist, der auf Mallorca vom Rücktritt träumt. Jetzt müsste die SPD eigentlich bei knapp 40 Prozent liegen. Sie liegt aber bei Mitte zwanzig und wird gerade von den Grünen überholt.

Mit den Grünen ist es im Moment so, wie es früher mal mit dem Eisbären Knut war. Knut konnte machen, was er wollte, er war immer niedlich. Sogar wenn er sich selbst bekackte, entzückten sich die Leute, und der damalige Umweltminister Gabriel drängte sich in Knuts Gehege, um ihn zu adoptieren. Jetzt ist derselbe Gabriel SPD-Chef mit der Hauptaufgabe, mindestens ein Jahr lang zu dementieren, dass er Kanzlerkandidat werden könnte, damit er in zwei Jahren Kanzlerkandidat werden kann. Er flirtet mit Knut Trittin, der sich aber nicht von Gabriel adoptieren lassen will, vielleicht auch weil Gabriel unter den Politikern jener ist, der dem Eisbären Knut phänotypisch am ähnlichsten sieht.

So ist er, der Gabriel: Wenn er glaubt, dass Eisbären gut kommen, wird er einer. Da kennt er nichts, der Gabriel. Den Grünen jedenfalls haben die Sozen selbst als Eisbären wenig entgegenzusetzen. Die Grünen sind so etwas wie ein parteigewordener Horst Seehofer: Sie vertreten gleichzeitig nahezu alle politischen Positionen, solange die nicht strahlen oder den Tieren schaden. Bei den Grünen gibt es alte Linke und junge Banker, schwule Bauern und kinderreiche Nonnen. Wenn Westerwelle nicht so ein Blazer-mit-Goldknöpfen-Syndrom hätte, wäre er 2010 genauso grün, wie es Markus Söder geworden ist, der aber in der CSU bleibt, weil sonst niemand mehr dem Baron Guttenberg Widerstand leistet. Alle sind irgendwie grün. Grün ist so sehr in Mode wie Lady Gaga, nur dass Renate Künast keine Steaks anziehen würde. Claudia Roth vielleicht schon, sodass sich auch die Steakträger grün fühlen könnten.

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