Süddeutsche Zeitung

Design:Unbrauchbare Gebrauchsgegenstände

Katherina Kamprani verwandelt die verschiedensten Alltagsdinge in zweckfreie Kunst.

Von Maximilian Sippenauer

Trauen Sie bloß nicht dem netten Lächeln dieser Frau. Katerina Kamprani ist die benutzerunfreundlichste Designerin der Welt. Alles, was aus ihrer Hand kommt, macht die Sache etwas komplizierter. Teekannen mit einer Tülle so breit, dass es unmöglich wird, nichts zu verschütten. Türklinken, die man, nur um sie zu drücken, erst einmal mühsam aufblasen muss. Brillen, die entweder in die Nase pieksen oder von den Ohren rutschen.

Die Objekte Kampranis wollen vor allem eines sein: im höchsten Maße umständlich.

Seit einigen Jahren arbeitet die Athener Architektin nebenbei an einer Kollektion von Alltagsgegenständen, die unter dem Titel "The Uncomfortable" firmiert. Tassen, deren Henkel quer laufen, Regenstiefel mit offener Schuhspitze, brotscheibendickes Besteck, in sich selbst gießende Gießkannen. Zunächst waren das nur Spielereien am Computer, inzwischen aber gibt es einen guten Teil aus Kampranis kafkaesken Haushaltsbedarf auch als reale Anfertigungen (www.theuncomfortable.com). Denn, wie ein Videoporträt der Seite Culturetrip zeigt, macht sich die Griechin in designaffinen Kreisen damit langsam einen Namen.

Das liegt vor allem an der Skurrilität ihrer Schöpfungen. Kampranis Arbeiten erinnern an den österreichischen Künstler Erich Wurm und dessen schmales Haus, in dem durch ein durchgängiges Zusammenstauchen von Räumen und Einrichtung die Enge des kleinbürgerlichen Kosmos wortwörtlich genommen wird. Nur will Kamprani der Gesellschaft keinen reinen Wein einschenken, das wäre kannentechnisch auch unmöglich, sondern führt uns an den Wesenskern unserer Werkzeuge.

Dabei begann das Projekt als Akt der Rebellion. Aus Trotz gegenüber ihren Design-Lehrern, habe sie auf Fragen wie "Was macht eine Tasse zu einer guten Tasse?", mit dem Entwurf einer extrem unbequemen Tasse geantwortet. Eine kleine Hommage an den Umstand an sich in Zeiten der Lebensoptimierung. Sicher hätte ein Durchdenker des Alltäglichen wie Roland Barthes große Freude an einer Diskussion von Kampranis Hausrat gehabt. Sie selbst verfolgt aber keine design-philosophischen Ambitionen. Ihre besten Entwürfe, erklärt Kamprani bescheiden, erkenne sie immer daran, dass sie sie zum Lachen bringe. Dann blickt man auf ihren Regenschirm aus Beton und ahnt: Es ist ein diabolisches Lachen.

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Quelle:
SZ vom 17.03.2018
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