"Der Spiegel" und Stefan Aust:Schöne Bescherung

Weihnachtsbotschaft nach Art des Spiegel: Verlagschef Mario Frank äußert sich in einem internen Mitarbeiterschreiben zum bunten Chefredakteurs-Treiben und zum Rekordgewinn.

Gerd Zimmer und Irene Helmes

Wenn es weihnachtet, wird der Ton in deutschen Firmen milde - und wo eben noch Feuer war, ist nun Friede. Das ist auch beim Spiegel nicht anders, dem manchmal galligen Nachrichtenmagazin aus Hamburg.

"Der Spiegel" und Stefan Aust: Ruhigere Zeiten: Stefan Aust im Juni 2001 vor dem Redaktionsgebäude des "Spiegels" in Hamburg.

Ruhigere Zeiten: Stefan Aust im Juni 2001 vor dem Redaktionsgebäude des "Spiegels" in Hamburg.

(Foto: Foto: ddp)

Dort hat sich nun in einem Jahresschlussbrief der Geschäftsführer Mario Frank in Schriftform huldvoll an die Mitarbeiter gewandt und dabei allerlei Zuckerguss über eine Personalie gegeben, die für so viele Schlagzeilen gesorgt hat: die Kündigung des Chefredakteurs Stefan Aust.

Dem Journalisten hatte Verlagschef Frank bedeutet, dass sein Vertrag als Spiegel-Chefredakteur mit der Laufzeit am 31.12.2008 endet und eine Option auf zwei Jahre Verlängerung nicht genutzt werde. Auch kündigte die Geschäftsführung Austs Vertrag als Herausgeber von "Spiegel-TV", der offenbar bis 2013 datiert. Aust strengte danach, heißt es im Umfeld des Verlages, über seinen Anwalt Matthias Prinz eine Kündigungsschutzklage in beiden Fällen an. Schöne Bescherung.

Aus dem Schriftsatz ging offenbar hervor, dass die Kündigung des "Spiegel-TV"-Vertrags durch Frank, der gar nicht in der Geschäftsführung der Fernsehtochter sitzt, rechtlich ein wenig heikel ist. Also wurde, so erzählen es Eingeweihte, eine Kündigung nachgeschoben, die nun die Unterschriften der TV-Verantwortlichen Fred von Bismarck und Dirk Pommer trug.

Auf Nachfrage von sueddeutsche.de wollte man beim Spiegel am Freitag nichts dergleichen bestätigen: Über Interna wolle das Haus keine Stellungnahme abgeben, sagt die Pressesprecherin.

Als Dokument bleibt da der Vorweihnachtsbrief des Geschäftsführers. Von all dem Finassieren im Spiegel findet sich nichts. Vielmehr heißt es liebevoll, Aust habe "ausdrücklich angeboten, sein Amt bis zum 31. Dezember 2008 mit ganzer Kraft auszuüben. Für diese souveräne Haltung gebührt ihm unser Respekt". Man sieht förmlich die Weihrauchkugel schwingen.

Das Chaos bei der Suche nach einem neuen Chefredakteur - TV-Leute wie Volker Herres und Claus Kleber galten als Favoriten - bleibt unerwähnt, dafür wird die Berichterstattung mancher Medien aufgespießt ("mehr von emotionaler Reaktion als von sachlicher Information geprägt"). Auch versichert Frank, dessen eigene Position nicht mehr felsenfest sein soll, dass es ausreichend Zeit gebe, "die jetzt wichtigste Personalfrage der Spiegel-Gruppe ohne Druck und in Ruhe zu lösen".

Ob diese Weihnachtsbotschaft die Mitarbeiter - inklusive des "souveränen" Aust - wirklich fröhlich stimmt? Ihnen gehört bekanntlich die Mehrheit des Verlages.

Ein paar weihnachtliche Zahlen konnten da schon eher helfen. Spiegel-Chef Frank verkündet im Brief nämlich auch das höchste Betriebsergebnis "in der 60-jährigen Geschichte unseres Unternehmens", es kamen mehr als 58 Millionen Euro zusammen. Neben Spiegel Online schreibe nun auch Manager Magazin Online schwarze Zahlen, und der Umsatz der Vermarktungsorganisation Quality Channel sei um "sagenhafte 40 Prozent" gewachsen.

Mario Frank hat sein Handwerk bei der Bertelsmann-Tochter Gruner + Jahr gelernt und im Bertelsmann-Verlag Siedler zwei größere Bücher veröffentlicht: "Walter Ulbricht - eine Biographie" sowie "Der Tod im Führerbunker - Hitlers letzte Tage". Er weiß also viel über das Auf und Ab im Leben und bedankt sich am Schluss seines Rundschreibens persönlich für Anregungen, Unterstützung und Zustimmung. Das habe es ihm, fügt er noch hinzu, "leichter gemacht, Kritik und Indiskretionen zu verarbeiten".

Der bibliophile Geschäftsführer wird um den Titel eines der bekanntesten Journalistenbücher wissen: "Indiskretion Ehrensache".

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