Der Barista in dem kleinen Café in Berlin-Kreuzberg nimmt seinen Beruf ernst. Er sieht nicht ein einziges Mal auf, um Applaus oder Bewunderung entgegenzunehmen, dabei hat er gerade in Sekunden eines der berühmtesten Kunstwerke der Welt auf einen Cappuccino gezaubert. Zwar fehlt der Holzsteg mit Geländer, der den Betrachter perspektivisch ins Geschehen hineinzieht, es fehlen auch die zwei Männer mit Hut im Hintergrund. Aber die Hauptfigur von Edvard Munchs Gemälde "Der Schrei" ist im Milchschaum sehr gut zu erkennen: jenes geisterhafte Wesen, das sich die Hände an den totenkopfähnlichen Schädel presst und Augen und Mund in einem Ausdruck nackten Entsetzens aufreißt. Sogar die kurvigen Linien des Himmels sind angedeutet, wenn auch nur in Kaffeebraun, nicht in den flammend bunten Farben des Originals.
"Der Schrei" von Edvard Munch:Oh! Mein! Gott!
Über die erstaunliche Weltkarriere einer zu Tode erschrockenen Figur, die vor 125 Jahren auf ein Stück Pappe gemalt wurde und nun an den sonderbarsten Orten auftaucht.
Von Johanna Adorján
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