Es gibt eine Art von Literatur, die von Menschen, die zum Vergnügen lesen, sehr geschätzt wird. Menschen, die dagegen das schwere Los ereilt hat, professionell zu lesen, macht diese Literatur sehr schnell sehr misstrauisch. Das Misstrauen kann sogar, wie nun einmal wieder beim Debüt-Roman "Der Club" des Spiegel-Reporters Takis Würger, so weit gehen, dass einem Buch leicht bis mittelschwer gönnerhaft vorgeworfen wird, es sei etwas zu charmant erzählt.
Das ist zwar nicht völlig falsch, aber so schlimm doch eigentlich auch wieder nicht. Angesichts der Tatsache, dass echte literarische Meisterwerke ja ohnehin selten erscheinen und einem bei den laufenden Neuerscheinungen doch eher deren meist völlig uncharmante Mittelmäßigkeit die letzten Nerven raubt.
Tatsächlich ist Takis Würger etwas gelungen, das in der deutschen Literatur nicht allzu selbstverständlich ist: Er hat einen Roman geschrieben, in dem er fast kein Thema des aktuellen urbanen Zeitgeistes ausgelassen hat - und dabei doch nie den Faden der Geschichte verloren, die er erzählen wollte.
Die handwerkliche Könnerschaft strahlt einen von Anfang an unüberlesbar an. Es besteht nie ein Zweifel daran, dass der Autor in jeder Zeile exakt wusste, was er tat.
Schon im ersten Absatz wird das Ende eines Lebens angekündigt, die Geschichte kann also mit einer gewissen existenziellen Fallhöhe beginnen: "Im südlichen Niedersachsen liegt ein Wald, der Deister, darin stand ein Haus aus Sandstein, in dem früher der Förster gewohnt hatte und das durch eine Reihe von Zufällen und den Kredit einer Bank in den Besitz eines Ehepaars kam, das dort einzog, damit die Frau in Ruhe sterben konnte."
Der Leser wird in dieses Buch hinein- und schließlich auch hindurchgesogen
Man hat bei der Lektüre nicht den Eindruck, eine kunstvolle Erzählung vor sich zu haben, auch nicht etwas famos Fabuliertes. Man denkt eher bald an etwas, das im Englischen "Storytelling" genannt wird und im Grunde nicht wörtlich übersetzbar ist. Beim Erzählen ist nämlich Oberflächlichkeit ein unverzeihliches Vergehen, der Storyteller weiß dagegen, dass die richtige Oberfläche für's Erste schon Abgrund genug sein kann.
Kostenlos gibt es die Perfektion natürlich nicht. Aber darum soll es jetzt noch nicht gehen, weil die eilige Eleganz, mit der man in dieses Buch hinein- und schließlich auch hindurchgesogen wird, ein paar Worte mehr wert ist.