Süddeutsche Zeitung

Debütalbum von Max Prosa:Gitarrenjunge in Denkerpose

Es gibt einen Neuen im Genre. Max Prosa ist ein Songwriter, wie man ihn sich am Lagerfeuer wünscht: jugendlich, gerade mal 22, und doch so voller Gedanken. Dass er die dann auch noch ausdrücken und in schöne Melodien kleiden kann, beweist er mit seinem Debütalbum "Die Phantasie wird siegen".

Max Scharnigg

Eigentlich gibt es in jeder Klasse noch immer einen, der die Gitarre zwar zum Lagerfeuer mitbringt, sich dann aber nicht zu spielen traut. Bei dem Frisur, Geschwafel und allgemeines Gepränge noch bis zum Abi irgendwie unbeholfen wirken, und der dann, zwei Jahre später, grundsaniert aus einem Berliner Altbau stolpert und auf einmal alles ist: Songwriter, Charaktertype, sensibler Frauenschwarm.

Es fällt nicht allzu schwer, Max Prosa das alles zu attestieren, auch wenn sein Künstlername und der Albumtitel "Die Phantasie wird siegen" (Columbia d/Sony) eigentlich schon wieder zu viel der schicken Denkerpose sind. Deutsche Texte natürlich! Seit Knyphausen und Bendzko, seit diese ganze uralte Junge-mit-Gitarre-Masche die hundertste Renaissance erlebt, setzen selbst die großen Plattenfirmen gerne wieder auf regionale Produkte.

Auf der Bühne ist so einer natürlich: schwerst empfindsam, höchst innerlich und entrückt, und trotzdem wirkt dieses Programm beim jungen Max Prosa erstaunlich authentisch. Seine Knabenstimme ist angenehm heiser und wild, seine Band im Hintergrund solide melancholisch - passt schon, macht sogar fast Spaß. Inhaltlich bewegt sich die Prosa des Herrn Prosa freilich zwischen kalten Augen und Weingläsern, die alleine getrunken werden - was man so textet, wenn man in der gutbürgerlichen Kindheit zu viel Reinhard Mey gehört hat. Aber wie bei allen guten Songwritern ist das eigentlich egal, wichtig ist, dass man dabei an selbst vergeigte Lagerfeuer denken muss.

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Quelle:
SZ vom 25.01.2012/juku
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