Debatte um Simon Strauß:Fatale Freund-Feind-Logik

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Simon Strauß, ein Wegbereiter der Rechten? Wer das behauptet, gibt die liberale Demokratie leichtfertig auf. (Foto: Martin Walz/Aufbau Verlag)

Ist Simon Strauß, Theaterkritiker und Autor, ein Wegbereiter der Rechten? Wer das beschwört, spielt schon das Spiel derer, die eine ganz andere Welt wollen.

Kommentar von Jens-Christian Rabe

Es gibt eine Debatte um den 29-jährigen Autor und Theaterkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Simon Strauß, die einen zunächst befremdete und dann verzweifeln ließ. Weil offenbar nicht nur eine Partei wie die AfD, in deren 92-köpfiger Bundestagsfraktion erklärte Rassisten und Antisemiten herumwerkeln, ein Teil der deutschen Öffentlichkeit geworden ist. Es scheint auch so, als ob der ideologische Kern ihrer Weltanschauung den liberal-demokratischen Diskurs vergiftet.

Befremdet las man zuerst die taz, die allerlei vermeintlich belastendes Material zusammengeklaubt hatte und gerade heraus das diskursive Todesurteil verkündete: Strauß schreibe "Pamphlete für die neue Rechte". In seinem Debüt, der literarisierten Reifeprüfung eines jungen Mannes mit dem Titel "Sieben Nächte", hatte sich Strauß zwar mit heißem Herzen als Vitalist erprobt gegen die gefühlte Übermacht der postmodernen Ironiker in seinem Milieu, dabei die eigenen Widersprüche aber auch nie aus dem Blick verloren.

Man musste es weder mögen, noch die Kritikansätze teilen, um zu wissen: Das Werk eines rechten Ideologen ist dieses Buch, das übrigens im linken Aufbau Verlag erschien, nicht. Allenfalls das eines konservativen Liberalen. Das zentrale Beweisstück in der taz war nun allerdings nicht das Buch, sondern ein Besuch im Jahr 2015 des rechtsradikalen Publizisten Götz Kubitschek in einem Berliner Diskussions-Salon, den Strauss mitveranstaltete. Es wurde manipuliert, indem ein späterer Bericht Kubitscheks in einem rechten Blog so zitiert wurde, als habe er, Kubitschek, die jungen Leute auf ganzer Linie überzeugt. Liest man den kompletten Eintrag, trifft man auf eine völlig andere Bilanz Kubitscheks: "Wir redeten permanent aneinander vorbei und konnten die Notwendigkeit, sich auf unseren Argumentations- und Interpretationsweg der Lage der Zeit einzulassen, nicht vermitteln."

Der Spiegel legte wenig später trotzdem nach und ließ gleich in seiner Überschrift zum Thema das Fallbeil nieder, scheinheilig getarnt als Frage: "Ist der Schriftsteller Simon Strauß ein Wegbereiter der Rechten?" Das Magazin hatte Strauß für "Sieben Nächte" noch vorbehaltlos gefeiert, jetzt sollte ihn plötzlich ein Zitat aus einer absichtlich lakonischen Zusammenfassung des Lebens des jüdischen Historikers Ernst Kantorowicz (im Rahmen einer Rezension einer Biografie) als kalten Antidemokraten profilieren. Ähnlich ging auch eine Autorin der Zeit vor, die darüber hinaus in den sozialen Medien Prügel für Strauß goutierte. Die erschreckend umtriebigen echten rechten Intellektuellen um Kubitschek und den Wiener Identitären Martin Lichtmesz lachen sich derweil ins Fäustchen. Kubitscheks Lebensgefährtin Ellen Kositza zitierte am Donnerstag auf Sezession.de genüsslich die Vorwürfe gegen Strauß und fragte gespielt unschuldig: "anscheinend gibt es nichts Ekligeres oder Brutaleres, als mit dem Etikett ,rechts' behängt zu werden?"

Ein Wunder ist diese Reaktion nicht. Der ideologische Kern rechten Denkens ist die strenge, alle Unterschiede planierende Freund-Feind-Logik. Ohne glasklare Feindschaft kann es schließlich nicht zum Kampf der Systeme kommen, den sie sich wünschen. Gibt man aber die zentrale Errungenschaft der liberalen Demokratie allzu leichtfertig auf, den robusten guten Willen zu Fairness und Differenzierung, spielt man schon das Spiel derer, die eine ganz andere Welt wollen.

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