Süddeutsche Zeitung

Debatte:Trump statt Putin

Fake News für Russland: Ende Juni ist dort das Buch "21 Lektionen für das 21. Jahrhundert" des israelischen Historikers Historikers Yuval Noah Harari erschienen. Für die russische Ausgabe hat der Autor ein Kapitel geändert.

Von Sonja Zekri

Ende Juni ist in Russland das Buch "21 Lektionen für das 21. Jahrhundert" des israelischen Historikers Yuval Noah Harari herausgekommen, genauer: eine Version seines Buches. Einige für die russische Politik heikle Stellen nämlich hat der russische Sindbad-Verlag angepasst und entschärft - und zwar mit dem Einverständnis des Autors. Nach ersten Hinweisen in den russischsprachigen sozialen Medien berichtet die russische Internetseite Medusa, dass sich vor allem das Kapitel über Fake News von anderen Ausgaben unterscheidet. Deutschen, amerikanischen oder israelischen Lesern veranschaulicht Harari die Debatte durch Wladimir Putins Erzählungen über die Annexion der Krim. Noch im Februar 2014 hatte der russische Präsident geleugnet, dass russische Truppen auf der ukrainischen Halbinsel operierten. Im russischen Kapitel hingegen fehlt Putin, stattdessen verweist Harari auf die Fake-News-gesättigten Reden Donald Trumps. In beiden Fällen geht es Harari nicht darum, Politiker zu entlarven, sondern, die "Hysterie" über einen vermeintlichen Anstieg von Täuschung und Lüge zu entkräften. Wer niemandem mehr glaube, könne keinen freien Diskurs führen, davon aber profitierten am Ende nur Tyrannen.

Harari sieht in den Anpassungen nichts Bedenkliches. Er wolle ein möglichst großes Publikum erreichen, erklärte er auf der russischen Seite Newsru.co.il, auch eines, das in "nicht-demokratischen Ländern" lebe. "Gewisse Themen" aber könnten die Leser vor den Kopf stoßen - oder die Zensur auf den Plan rufen. Deshalb passe er sein Werk an - nie aber die grundlegenden Gedanken.

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Quelle:
SZ vom 24.07.2019
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