"What Did Jack Do?" von David Lynch:"Sei ein Mann, Jack, und sag mir, was du über sie weißt!"

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"Ich würde keiner Henne und keinem Hahn etwas antun", sagt der mordverdächtige Affe in David Lynchs Kurzfilm "What Did Jack Do?". (Foto: Netflix)

David Lynch hat auf Netflix einen Kurzfilm veröffentlicht, in dem er einen Affen verhört, der des Mordes verdächtigt wird. Ist das noch Kunst oder schon Plemplem?

Von David Steinitz

Anlässlich seines 74. Geburtstags am Montag hat der Regisseur David Lynch bei Netflix einen 17-minütigen Kurzfilm veröffentlicht, dessen Inhalt der Streamingdienst folgendermaßen zusammenfasst: Ein Kommissar verhört einen Affen, der des Mordes verdächtigt wird.

Dieser Kommissar wird von Lynch selbst gespielt, in loser Anlehnung an seine Kultrolle Gordon Cole in seiner Serie "Twin Peaks". Der Kurzfilm "What Did Jack Do?", den Lynch schon vor einiger Zeit gedreht hat und jetzt großflächig präsentiert, spielt aber ein paar Jahrzehnte früher. Zumindest sieht er aus wie ein Krimi aus der großen Zeit des amerikanischen Film noir in den Dreißigerjahren, als dubiose Gestalten sich hinter dichten Zigarettenschwaden versteckten. "Jack" wurde in Schwarzweiß gedreht und knistert wie eine alte Filmkopie mit diversen Gebrauchsspuren und Kratzern. Lynch, der Kommissar, verhört einen Verdächtigen, Jack. Bei dieser Figur handelt es sich um einen kleinen Affen, der einen schmalen Anzug mit Krawatte trägt, und der auch sprechen kann.

Der Kommissar zieht an seiner Zigarette, bläst den Rauch in die stickige Luft eines kleinen Bahnhofcafés und starrt das Äffchen unverhohlen an. "Du bist mit Hühnern gesehen worden, Jack." Der Verdächtige verteidigt sich entsetzt: "Ich würde keiner Henne und keinem Hahn jemals etwas zuleide tun!".

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Die Dialoge könnten aus einem Raymond-Chandler-Roman stammen, wenn es nicht darum ginge, dass Affe Jack anscheinend aus Liebe zur Henne Tootatabon einen Eifersuchtsmord begangen haben könnte. Lynch raucht vor sich hin und trinkt schwarzen Filterkaffee, zwei Standardrequisiten aus seinem Werk und auch in Wirklichkeit seine selbst gewählten Lebenselixiere. "Sei ein Mann, Jack, und sag mir, was du über sie weißt!", ruft der Komissar streng. "Ach steig doch auf 'nen Baum", erwidert genervt das Äffchen.

Ist das noch Kunst oder schon Plemplem? Wie immer bei Lynch liegt die Wahrheit wohl irgendwo in der Mitte. Wobei für seine Fantastereien die Form des Kurzfilms eine ausgezeichnete Wahl ist. In überlangen Spielfilmen wie "Inland Empire" hatte er sich in seinen Traumlabyrinthen zuvor manchmal etwas verrannt. Auch schön, dass Netflix dem oft etwas stiefmütterlich behandelten Genre Kurzfilm ab und an eine große Plattform bietet. Zwar nur auf Superstarniveau, wie zuletzt beim "Anima"-Kurzfilm des Radiohead-Sängers Thom Yorke, und jetzt bei Lynch - aber immerhin.

Und der Affe? Sitzt stoisch vor dem Kommissar und versucht ihn mit einer Gesangseinlage von seiner Unschuld zu überzeugen. Den Song "True Love's Flame" hat der Affendompteur Lynch natürlich auch selbst geschrieben.

© SZ vom 22.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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