David-Goldblatt-Ausstellung in Paris:Die Herrschaft des Rasenmähers

Das Centre Pompidou zeigt den südafrikanischen Fotografen David Goldblatt als hintergründigen Zeitkritiker. Seine Retrospektive erinnert noch einmal an die Apartheid und was davon übrig blieb.

Von Joseph Hanimann

Während der Jahre der Apartheid in Südafrika wurde er manchmal als allzu lauer Kritiker des Regimes gescholten. Mit ihrer stummen Sachlichkeit denunzierten seine Schwarz-Weiß-Fotos nur ungenügend die schlimme Realität, wurde gesagt. Tatsächlich schlägt uns die politische und künstlerische Sprengkraft der Bilder erst heute so recht ins Gesicht. David Goldblatts Minenarbeiter, Landbesitzer, Township-Bewohner, Absonderungspedanten und rechtlose Wanderproleten in oft zu weiten Räumen könnten uns rückblickend wie Statisten einer schon ziemlich fernen Vergangenheit vorkommen. In der sechs Jahrzehnte umfassenden Retrospektive am Pariser Centre Pompidou mit zahlreichen bisher unbekannten Bildern aus den Anfangsjahren wirken sie aber wie aus dem Leben gegriffen. Die Zeitschichten vom Rassenregistrierungsgesetz 1950 bis zur jüngsten Studentenrevolte vor zwei Jahren in Johannesburg schieben sich als kompakte Sedimentmasse eines unschlüssigen Geschichtsverlaufs übereinander und wellen sich auch aus der Distanz wie frisch aus dem Fixierbad gehobene Blätter vor unserem heutigen Blick.

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