David Bowie:Sie malten, wie er sang

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Sotheby's versteigert 30 Werke aus der Sammlung des Popstars. In London kann man sie jetzt sehen.

Von Alexander Menden

Als David Bowie das von David Auerbach gemalte Porträt "Gerda Böhms Kopf" zum ersten Mal sah, sagte er: "Mein Gott, ja! Ich will so klingen, wie das aussieht!" Böhm, Schwester des Kritikers Marcel Reich-Ranicki, gehörte zu den Lieblingsmodellen Auerbachs, er malte sie immer wieder. Das Gemälde, das nun als Teil einer Auswahl aus David Bowies Sammlung bei Sotheby's in London ausgestellt ist, bringt in besonderer Weise die reliefartige Farbbehandlung des Malers zur Geltung: Zentimeterdick ragen die Ölwirbel aus der Leinwand hervor. Wie eine Kippfigur wandelt sich bei intensiver Betrachtung der weiße, zurückgelehnte Kopf vom Gegenständlichen ins Abstrakte und zurück.

Die Affinität Bowies zu diesem Künstler ging besonders tief. Der Auerbach, taxiert auf 300 000 bis 500 000 Pfund, ist eines von dreißig Werken aus der 400 Werke umfassenden Privatsammlung Bowies, die Sotheby's am 10. und 11. November in London versteigern wird. Bis dahin reist die Auswahl noch nach Los Angeles, New York und Hongkong.

Bowies Affinität zur Kunst ging weit. Er wurde 1994 Mitherausgeber des Magazins Modern Painters, für das er Damien Hirst, Balthus und Jeff Koons interviewte; 1998 gründete er den Kunstverlag "21". Obwohl er sich nicht nur persönlich jeder Festlegung und Definition entzog, sondern auch von Beginn seiner Karriere an einen überaus internationalen Zugang zu seiner Arbeit hatte, erweist der Sammler Bowie sich als überraschend britisch in seinen Vorlieben: Die meisten der gezeigten Gemälde stammen von englischen Künstlern des 20. Jahrhunderts.

David Bomberg, "Sunrise in the Mountains, Picos de Asturias" (1935). Abb.: Sotheby's, VG Bild-Kunst, Bonn, 2016. (Foto: Daniel Leal-Olivas/AFP)

Basquiats Gemälde waren für Bowie visuelle Rockmusik

Innerhalb dieses Bereichs enthält seine Sammlung allerdings eine erstaunliche Bandbreite von Stilen. Dass er ein Bewunderer David Bombergs war, dessen "Sonnenaufgang in den Bergen, Picos de Asturias" (1935) mit 200 000 bis 300 000 Pfund bewertet ist, verwundert nicht - der Maler war ein Konventionssprenger, der als Rebell von der renommierten Londoner Slade School verwiesen wurde.

Auch die reduzierte, aber starkfarbige Palette von Pop-Art-Künstlern wie Patrick Caulfield ist durchaus Bowie-esk. Im genauen, reduzierten Interieur von "Foyer" spiegelt sich etwas von der stilsicheren Distanz der sich wandelnden Bowie-Charaktere. Weniger souverän, eher dem Zeitgeist verpflichtet erscheint, dass er 1995 ein frühes Spin Paintings von Damien Hirst erstand (250 000-350 000 Pfund).

Andere britische Arbeiten, wie die kleine Bronze "Familiengruppe" von Henry Moore (1944, 250 000-300 000 Pfund) passt in ihrer kompakten Strenge weniger ins Bild, das man sich von David Bowie als Sammler gemacht hat. Auch Harold Gilmans "Interior" von 1917, eine auf 150 000 bis 250 000 Pfund geschätzte Arbeit, ist verhalten und still, und hat rein gar nichts von Rockstarkunst.

Frank Auerbach: "Kopf von Gerda Böhm" (1965). Abb.: Sotheby's, VG Bild-Kunst, Bonn, 2016. (Foto: Daniel Leal-Olivas/AFP)

Trotz der Konzentration auf britische Werke ist der Gesamteindruck erfreulich eklektisch. Bei manchen Stücken kann man den Beginn der Beziehung Bowies zu einzelnen Künstlern sogar recht genau zurückverfolgen. So wurde sein Interesse für die Arbeiten Jean-Michel Basquiats entfacht, als er in Julian Schnabels Film "Basquiat" Andy Warhol spielte. In einer Arbeit wie "Air Power" (1984, 2,5-3,5 Millionen) entdeckte Bowie, wie er sagte, "eine Nähe zur Rockmusik, wie sie nur wenige andere visuelle Künstler zu schaffen vermögen".

Weil es um die Sammlung eines der größten Stars der Popgeschichte geht, wird die Auktion , wie jetzt schon die Vorschau, viel Publicity bekommen. Das sollte aber nicht davon ablenken, dass David Bowie sich in dieser Auswahl als kundiger Sammler mit einem Blick für Qualität erweist.

© SZ vom 23.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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