Süddeutsche Zeitung

Das ist schön:Lang lebe die tote Königin

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Fünf Schauspielkolleginnen erweisen Hannelore Elsner die letzte Ehre

Kolumne von Josef Grübl

Wahrscheinlich ahnte sie, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb, wahrscheinlich drehte sie deshalb noch einmal richtig auf. Hannelore Elsner stand in ihrem letzten Lebensjahr für verblüffend viele Projekte vor der Kamera, sie drehte Kinofilme mit Doris Dörrie, Hans Steinbichler und Florian David Fitz, wirkte in einem "Tatort" mit und spielte in einer Fernsehkomödie die Freundin von Jutta Speidel und Uschi Glas. Vor vier Monaten verstarb die große Schauspielerin, ihren letzten Film konnte sie nicht vollenden.

"Lang lebe die Königin" hieß die tragikomische Familiengeschichte, Elsner spielte darin die Rolle einer krebskranken Mutter. Im März begannen die Dreharbeiten, im April ging es ihr so schlecht, dass sie in eine Münchner Klinik musste, wo sie kurz darauf verstarb. Die Dreharbeiten wurden unterbrochen, das Projekt eingestellt. Solche erzwungenen Einstellungen kommen leider öfter vor als man denkt, die Filmgeschichte ist voller Fragmente und unvollständiger Werke. Marilyn Monroes finaler Film etwa blieb ebenso unvollendet wie der von Bruce Lee, Peter Sellers, Carrie Fisher oder Bela Lugosi geisterten dagegen noch Jahre nach ihrem Tod durch seltsam zusammengestückelte Filme. Im Fall von "Lang lebe die Königin" entschied man sich für die deutlich würdevollere Heath-Ledger-Methode: Der Hollywoodstar verstarb 2008 während des Drehs des Fantasy-Films "Das Kabinett des Doktor Parnassus", ein Großteil seiner Szenen war abgedreht, den Rest spielten Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell als eine Art Hommage an ihren Freund und Kollegen. Hannelore Elsner habe etwa 80 Prozent ihres letzten Films abgedreht, teilte der Produzent mit, die fünf verbliebenen Szenen ließ man jetzt von fünf prominenten Kolleginnen spielen.

Iris Berben, Hannelore Hoger, Eva Mattes, Judy Winter und Gisela Schneeberger standen in den vergangenen Wochen für je einen Drehtag vor der Kamera und erwiesen Elsner die letzte Ehre. Sie habe sie nicht persönlich gekannt, sagte Schneeberger vor ein paar Tagen in Schwabing, sie seien sich nie begegnet. Trotzdem habe sie zugesagt und damit ihren Teil dazu beigetragen, dass die "Königin" weiterleben darf. Zumindest im Fernsehen, der Film soll 2020 in der ARD zu sehen sein. Und das ist schön.

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Quelle:
SZ vom 31.08.2019
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