Süddeutsche Zeitung

Das Comeback von Lisa Plenske:Morgenröte in tiefer Quotennacht

Sat 1 holt Lisa Plenske für "Verliebt in Berlin" zurück und zeigt ihr pummeliges Pendant "Alles Betty!" aus New York. Alles Kitsch? Nicht ganz.

Senta Krasser

Es wird wieder einmal Hochzeit gefeiert bei Verliebt in Berlin (ViB). Kim, das Vorstandsbiest im Modehaus Kerima, ehelicht den Fabrikantensohn Paolo Amendola. Doch anders als zu Lisa Plenskes Hoch-Zeit im vorigen September handelt es sich in Folge 519 an diesem Montag um kein Fest der Freude. Es fließen Tränen, Absinth und böse Worte.

Kitsch as Kitsch can

Am Ende der Hochzeitsnacht geht trotzdem die Sonne auf - und Lisa Plenske, das hässliche Entlein von einst mit dem lieben Herzen, kehrt in die ViB-Welt zurück. Ihr Teint leuchtet, die Zähne blitzen. Die Maschine aus Tasmanien, wo Lisa mit ihrem David flitterte, landet frühmorgens, rot und hoffnungsvoll glüht der Himmel über Berlin: Kitsch as Kitsch can.

Sechzehn Folgen lang wird Alexandra Neldel als Lisa wieder ihren Charme in der Sat-1-Telenovela verbreiten, so wie sie es zuvor schon 365 Folgen lang getan hatte - bevor sie per Happy End aus der Sendung verschwand. Sat 1 erhofft sich von dem Kurz-Comeback sozusagen Morgenröte in tiefer Quotennacht. Längst bereitet der einstige Bestseller am Vorabend Sorgen, der doch einmal Marktanteile von bis zu 25 Prozent brachte. Was die zweite Romanzengeneration nach David und Lisa, was also Bruno und Hannah treiben (beziehungsweise noch immer nicht miteinander treiben), beschäftigt kaum die Hälfte der einstigen Fans.

Einerseits hinterließ die reizende Neldel eine Lücke, die nicht zu schließen ist. Wie einseitig und auf Dauer saftlos andererseits Sat 1 das weltweit kopierte kolumbianische Vorbild "Yo soy Betty, la fea" (Ich bin Betty, die Hässliche) adaptierte, merkt man schneller, wenn man die von der Hollywood-Schauspielerin Salma Hayek produzierte US-Fassung "Ugly Betty" sieht.

Sat 1 zeigt 23 Betty-Folgen unter dem Titel "Alles Betty!" vom 27. April an zur Primetime. Auf den ersten Blick stimmen die Rahmenbedingungen überein: Pummel mit dominanter Brille und trampeligem Auftreten schafft den Einstieg in die Modewelt als Assistentin eines Junior-Chefs. Das war's dann aber auch mit den Gemeinsamkeiten.

"Ugly Betty" - eine sozialkritische Parodie

Produzentin Hayek beschreibt sehr gut, wovon ihre mit zwei Golden Globes dekorierte Edelserie handelt - nämlich "davon, wie hart es ist, sich in einer fremden Umgebung zurechtzufinden". "Ugly Betty "sei auch als Parodie gemeint - "auf die Fixierung auf das eigene Image, an der die USA mehr als alle anderen Nationen leiden". Es geht also um die berühmte innere Schönheit, die kein Botox braucht.

Und um das selbstbewusste Latino-Mädchen Betty Suarez, das im New Yorker Stadtteil Queens ärmlich lebt und in Manhattans weißer, intriganter Fashionwelt fremdelt. Träumte das Mäuschen Lisa Plenske von der Rettung durch den Prinzen, so ist Bettys Ziel der soziale Aufstieg aus eigener Kraft. Das Sozialkritische geht ViB völlig ab - und Ugly Betty dafür die Romantik.

Irgendwo zwischen Romantik und Sozialkritik pendelt auch eine neue RTL-Serie namens Ahornallee. Sie wird vor allem eines sein: keine Telenovela. Also keine Story, die eigentlich ein Ende hat, das aber vom Sender immer weiter verschoben wird. Nach Gute Zeiten, schlechte Zeiten, Unter uns und Alles was zählt will der Kölner Kanal ein viertes tägliches Format etablieren. RTL besteht auf der Genrebezeichnung "Ensemble-Serie" - das klingt vornehmer als Soap und beschreibt, dass die Handlung innerhalb eines festen Personenkreises spiel.

Es gibt sechs Familien, arm wie reich, solide wie halbseiden, und alle leben unter einem Dach. Wirklich innovativ ist nur, dass Ahornallee als erste Daily "on location" entsteht. Gedreht wird nicht im Studio mit Pappewänden, sondern in einer Villa aus Stein. Alles soll authentisch sein, sogar das Knarzen des Parketts.

Gewünscht ist bei RTL, dass die Zuschauer von der Düsseldorfer Ahornallee weiterwandern zu Unter uns, das um 17.30 Uhr beginnt. Denn das ist ja Hauptzweck aller TV-Serien am Vorabend, ob Telenovela oder Soap: Sie sollen das perfekte Werbeumfeld und den perfekten Zuschauerfluss zu schaffen. Romantik hin oder her.

Verliebt in Berlin, Sat 1, 19.15 Uhr; Alles Betty, Sat 1, von 27. April an, freitags 20.15 Uhr; Ahornallee, RTL, montags bis freitags um 17 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 16.4.2007
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