Damals und heute:Vier Jahrzehnte Katharsis

Der Saxofonist und Sprechsänger Ted Milton kommt mit seiner Band "Blurt" ins Import Export

Von Jürgen Moises

Er könne ihm leider nichts mehr beibringen. Das hat angeblich sein Saxofonlehrer schon sehr früh zu Ted Milton gesagt. Aber nicht weil das Spiel des 1943 geborenen, in Nigeria, Kanada und Großbritannien aufgewachsenen Musikers so weit ausgereift und virtuos gewesen wäre. Sondern weil er bereits seinen eigenen Stil gefunden hatte, der statt die Virtuosität oder den Wohlklang eher die Katharsis oder die Irritation sucht.

Ähnliches gilt für den markanten Sprechgesang des "unmusikalischen Musikers" (Milton über Milton). Der ist auch eher ein Deklamieren, ein Schreien oder Brabbeln als das, was man für gewöhnlich "richtiges" Singen nennt. Und er prägt genauso, wie Miltons Saxofonspiel, seit 40 Jahren das musikalische Erscheinungsbild von Blurt. Im Jahr 1979 hat Ted Milton Blurt zusammen mit seinem Bruder Jake am Schlagzeug und dem Kunstlehrer Peter Creese an der Gitarre im englischen Stroud gegründet, nachdem er zuvor bereits als Dichter und als Puppenspieler reüssiert hatte. Miltons erster Gedichtband "Mungo" kam 1963 bei einem italienischen Verlag heraus.

Als Puppenspieler tourte er mit provokativen, "punkigen" Interpretationen von Stücken wie "Per Ubu" sowie mit eigenen Kreationen in den 70ern durch England und Europa, trat im Fernsehen auf und wirkte 1977 an Terry Gilliams Spielfilm "Jabberwocky" mit. Weil ihm die Theaterwelt aber irgendwann zu engstirnig und abgegrenzt erschien, fand er schließlich in der Musik sein neues Ausdrucksmittel.

Etwas leicht Theatralisches haben die Auftritte von Milton auch heute noch, wie man an diesem Freitag im Import Export erleben kann, wo Blurt zusammen mit der Münchner Rembetiko-Punk-Band The Grexits spielen. Auch seine existenzialistisch angehauchte Poesie hat Milton, der nach einigen Jahren in Brüssel aktuell wieder in London lebt, gewissermaßen im Koffer immer mit dabei. Hat sich die irgendwo zwischen Punk, No Wave und Jazz bewegende Musik von Blurt doch zum kongenialen Vehikel für diese entwickelt. Auf mehr als 20 in unterschiedlichen Besetzungen eingespielten Veröffentlichungen, Studio- und Live-Alben, EPs oder Kompilationen ist diese zu hören. Das letzte offizielle Studioalbum "Beneath Discordant Skies" ist im Jahr 2015 erschienen.

Neben Ted Milton, mit seinem Irokesenschnitt und im Anzug auch optisch eine markante Erscheinung, gehören aktuell der Gitarrist Steve Eagles und der Schlagzeuger David Aylward zu Blurt. Aylward stieß vor etwa zehn Jahren zur Band, Eagles ist abgesehen von einer mehrjährigen Unterbrechung in den 90ern bereits seit 1987 mit dabei. Beide zusammen erschaffen sie mit hypnotischen, oft auch mal etwas vertrackteren Schlagzeugrhythmen, minimalistischen Gitarrenlicks und schroffen Riffs das Fundament, auf dem Milton dann seine Text- und Saxofonsalven losfeuert. An Energie haben die Shows der Band bis heute nichts verloren. Das haben Blurt in den letzten Jahren auch an verschiedenen Orten in München bewiesen. Und das wird ganz sicher auch dieses Mal beim Konzert im Import Export so sein.

Blurt; Freitag, 15. März, 20.30 Uhr, Import Export, Schwere Reiter Str. 2

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