Damals und heute:Für immer Walzerkönig

Rieu

Zeitlos schön: André Rieu 1997 in Leipzig (links) und vor vier Jahren in Amsterdam. An diesem Mittwoch gastiert er wieder einmal in der Olympiahalle.

(Foto: dpa)

Der holländische Geiger André Rieu hat schon früh erkannt, womit sich große Konzerthallen über Jahrzehnte hinweg füllen lassen

Von Barbara Doll

"Schon zur Halbzeit spielte der hollandweit bekannte Geiger André Rieu im Mittelkreis zum Wiener Walzer auf" - so nüchtern steht es in einem SZ-Artikel von 1995 über ein Spiel des FC Bayern gegen Ajax Amsterdam. Dabei startete Rieu mit dieser Fußball-Einlage erst so richtig als "Walzerkönig der Moderne" durch, sein Album "Strauss & Co" kam in Deutschland aus dem Stand unter die Top 5.

Vor diesem Durchbruch lagen allerdings viele harte Galeerenjahre als Tuttigeiger im Limburgs Symfonie Orkest, dessen Chefdirigent sein Vater war. Sechs Kinder waren es bei den Rieus, alle lernten ein Instrument, und der Vater soll auch daheim der Dirigent gewesen sein. Dennoch traf den kleinen André schon im Alter von acht Jahren der Walzerblitz: Ihm war aufgefallen, dass die Leute bei Beethoven und Mahler immer so ernst schauten. Kam dann ein lustiger Strauss-Walzer als Zugabe, machten plötzlich alle ein fröhliches Gesicht. Das gefiel ihm so gut, dass er fürderhin nur noch fröhliche Gesichter sehen wollte. Seit fast 30 Jahren geigt sich André Rieu nun mit seinem Johann Strauss Orchester durch die Hallen und Stadien dieser Welt, mit Schnörkel-Notenständern, herzerwärmender Lichtshow und Ballkleidern. Er produziert CDs und DVDs - wie man in Bayern so schön sagt - "zum Saufuadan" und präsentiert darauf einen bunten Strauß an Melodien aus Klassik, Musical, Schlager und Pop.

Bemerkenswert ist, dass er allein in Australien 14 Mal Gold und 100 Mal Platin gewonnen hat. 2009 belegte er mit 554 242 verkauften Tickets und einem Umsatz von 57,4 Millionen US-Dollar Platz 4 der bestverkauften Tourneen nach Madonna, Tina Turner und Britney Spears. Die Reaktionen der Menschen, die des Geigers ansichtig werden, sind indes unterschiedlich: ergriffen bis atemlos - oder angeekelt bis wutentbrannt. Fest steht, dass André Rieu ein gewiefter Zuckerwattefabrikant ist, der seinen süßen Ohrenschmaus mit einem 200-köpfigen Hofstaat im eigenen Schloss in Maastricht zusammenbraut.

Einmal ließ er sich das Wiener Schloss Schönbrunn als lebensgroße Kulisse in dreifacher Ausfertigung nachbauen. Die Rechnung ging nicht auf: Rieu machte 34 Millionen Euro Schulden, die aber längst beglichen sein sollen. Sollte das nicht der Fall sein, wäre es wohl kein Drama, denn Rieu macht neuerdings auch in Geschirr: In seinem Webshop verkauft er ein putziges cremefarbenes Kaffeeservice. Der "André-Rieu-Kuchenteller" aus Porzellan von Villeroy & Boch kostet 32,96 Euro, für Goldmitglieder nur 29,66 Euro. Überhaupt lohnt sich der Besuch seiner Homepage: Unter "André Rieu Travel" gibt es Hotel-Konzert-Pakete zu erwerben, im Webshop den passenden Konzertschal und für die jüngsten Fans das "André-Rieu-Lätzchen" mit der treffsicheren Beschreibung "Noch nie war Schlabbern so schön ..." Wenn das keine fröhlichen Gesichter zaubert!

André Rieu, Mittwoch, 11. Januar, 20 Uhr, Olympiahalle, Spiridon-Louis-Ring

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