Süddeutsche Zeitung

Dada-Blues:Helge Schneider

Von Jakob Biazza

Nur mal als Gedankenspiel: Ist Helge Schneider am Ende weder der lockerste Pointenverschenker noch der anarchistischste Jazz-Zerkauzer des Landes, sondern eigentlich eben doch vor allem der größte Melancholiker? Die Indizien verdichten sich auf "Partypeople (beim Fleischer)", Schneiders neuem Album, jedenfalls deutlich: "Manchmal ist in der Wundertüte des Lebens nur Puffreis drin", heißt es etwa im Song "Wundertüte (ja ja die ...)" Oder in "Partypeople": "Ich bin der Partypeople / Ich geh auf Partys / Ich bring nix mit / Ich komm allein." Und natürlich in "Wenn der Komet kommt": "Wenn der Komet kommt, macht er alles kaputt."

Die Enttäuschungen sind also bunt, die Einsamkeit tanzt in Gesellschaft, die Hände sind leer - und dann ist alles vorbei. "Akopalüze Nau!!!" quasi, wie Helge Schneider schon 2007 auf dem gleichnamigen Album gefordert hatte. Ach so: Fleischwurst ist auch noch aus. Erfährt man in einem dieser Sprechstücke mit besonderem Kunstanspruch, in dem Helge mit Helge redet - über Fleischwaren und damit dann ja doch auch immer über den Sinn des Lebens.

Der Rest ist Dada und krautiger Blues und Swing und Jazz, der auch weiterhin so tut, als sei er weniger musikalisch, als er es tatsächlich ist. Wobei man, während man das so hinschreibt, diesem Helge Schneider natürlich auch schon wieder etwas auf den Leim geht. Denn die Musik auf diesem wohlig bekifften Kleinkunst-Durcheinander hat diesmal zwar zusätzlich zum Helge-Wahn eine warme, durchaus angenehme Traurigkeit - aber schon auch noch jede Menge von dem mitunter sehr anstrengenden Unfug, der Schneider eben ausmacht. Und auch ironisch ausgestellter Dilettantismus ist eben immer noch eine Form von Unfähigkeit. Oder anders gesagt: Wenn es durchweg genießbar wäre, wäre es kein Helge-Schneider-Album.

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Quelle:
SZ vom 03.08.2019
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