Süddeutsche Zeitung

Crossover:Ausschwärmend

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Vom Oud-Virtuosen Rabih Abou-Khalil bis zur Cellistin Ruth Maria Rossel: Beim ersten Crossover-Festival "Classic & Beyond" in Ottobrunn verschmelzen Weltmusik, Klassik und Jazz

Von Oliver Hochkeppel

Beide sind sie, dem Zug der Zeit folgend, stilistisch immer offener geworden, der Jazzpianist Cornelius Claudio Kreusch und sein Bruder, der klassische Gitarrist Johannes Tonio Kreusch. Was auch auf das Programm der von ihnen betreuten Ottobrunner Konzerte durchschlägt. Einmal, indem sie die Konzertsituation ganzheitlicher begreifen und die Begegnung von Künstlern mit dem Publikum über Podiumsgespräche und Workshops vertiefen. Aber auch, indem immer öfter Musiker auf dem Programm stehen, die sich nicht mehr in eine Stilschublade einordnen lassen.

Da war es fast nur eine Frage der Zeit, bis die mal eher der Klassik, mal eher dem Jazz zuneigenden Konzerte beides zusammenfassen: im ersten Klassik- und Crossover-Festival "Classic & Beyond", das an diesem Wochenende im Ottobrunner Wolf-Ferrari-Haus über die Bühne geht. Los geht es gewissermaßen mit einem verlorenen Sohn: Der libanesische Oud-Virtuose Rabih Abou-Khalil lebte, nachdem er mit 17 vor dem Bürgerkrieg geflohen war, viele Jahre lang in Gilching. Hier brachte er die erlernte arabische Musik mit europäischer Klassik und amerikanischem Jazz zusammen. Diese lange vor dem heutigen interkulturellen Boom in der Musik wegweisende, weil von tiefem Verständnis und echter Durchdringung geprägte Kombination machte ihn zu einem Star der Weltmusikszene. Die für sein Münchner Hauslabel Enja mit Jazz-Größen wie Joachim Kühn, Kenny Wheeler, Michel Portal oder dem Kronos Quartet sowie Gästen aus aller Welt eingespielten Alben wie "Blue Camel" oder "Songs for Sad Women" räumten reihenweise Preise ab und verkauften sich mehr als 600 000 Mal. In Ottobrunn begleiten der sardische Saxofonist und Sänger Gavino Murgia und der italienische Jazz-Akkordeonist Luciano Biondini (gerade mit dem neuen Quartett A Novel of Anomaly mit Andreas Schaerer in aller Munde) seine poetischen Grenzgänge. Und im Anschluss an das Konzert kann man ihm beim "Meet the Artist"-Gespräch näherkommen.

Der zweite Abend gehört dann gleich sechs Künstlern. Von der Klassik zur Improvisation und fallweise zur Weltmusik gekommen sind die drei Künstler, die solo auftreten. Zu den interessantesten jüngeren Komponisten - von der Kammermusik über Ballett bis zur Oper - gehört der vielfach preisgekrönte Moritz Eggert, der hier aus seiner Klavierkomposition "Hämmerklavier" spielt. Die Cellistin Ruth Maria Rossel wurde vor allem im klassischen Duo mit ihrer Schwester Angela bekannt, machte aber über ihre Liebe zum Tango und zur Improvisation über Bach ihr Instrument zu "My Magic Cello". Der Schweizer Kirchenmusiker und Organist Bernhard Ruchti fand über einen USA-Aufenthalt zu einer eigenen Sprache am Klavier.

Schließlich geht es noch mit drei Bands in die Vollen, die - alle drei damit beim Kurt Maas Jazz Award erfolgreich - weit ausschwärmenden Jazz spielen: Die Klarinettistin Rebecca Trescher mit Ihrem Ensemble 11 eher in die Kammermusik; die Quartette des Schlagzeugers Xhitong Xu und des Saxofonisten Moritz Stahl zu Energie- und Rhythmus-geladenen Schnittmengen zwischen Bebop, Funk, Ambient oder gar Techno.

Classic & Beyond - Klassik- und Crossover-Festival , Samstag und Sonntag, 11. und 12. November, 20 Uhr, Wolf-Ferrari-Haus Ottobrunn

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Quelle:
SZ vom 10.11.2017
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