Couture-Verschnitte in Mailand:Tüdellüh in Milanü

Zur Zeit rümpfen alle die Nase über die koksende Kate. Doch wenn man sieht, welche Gaga-Fummel gerade in Mailand über die Laufstege geschubst werden, beschleicht einen der Verdacht: In diesem Business sind nicht nur die Models beschickert.

Bernd Graff

Ja, wir räumen ein: Das, was wir uns hier zusammenschreiben, klingt intolerant, indifferent und bis zu auch einem gewissen Grad auch indigniert.

Couture-Verschnitte in Mailand: Hmm, so denkt der Spießer in uns, Krawatten trägt man im nächsten Sommer falsch rum und zu Angler-Hütchen.Hmm, so denkt es dann in uns weiter: Muss ein lustiges Metier sein, das Modedesignermetier. Kann uns da jemand helfen und uns vom Holzweg abbringen? Oder gibt es nur den Holzweg?

Hmm, so denkt der Spießer in uns, Krawatten trägt man im nächsten Sommer falsch rum und zu Angler-Hütchen.

Hmm, so denkt es dann in uns weiter: Muss ein lustiges Metier sein, das Modedesignermetier. Kann uns da jemand helfen und uns vom Holzweg abbringen? Oder gibt es nur den Holzweg?

(Foto: Foto: Reuters)

Ja, es mag sein, dass wir in diesen unseren Texten so erscheinen mögen, und vielleicht hat jeder Recht, der uns Uninspiriertheit und Uninspirierbarkeit vorwirft.

Aber sorry, liebe Gebetsschwestern und Designer: Wir finden das Tüdellüh, das ihr uns gegenwärtig in Mailand serviert, tatsächlich indiskutabel.

Nein, nicht, weil es so extravagant wäre, dass es über unsere Hutschnur gehen würde. Nicht, weil die Provinz in uns immer dann Widerstand fordert, wenn uns das sagenhaft Neue begegnet.

Nein, wir regen uns auf, weil das, was da in Mailand am laufenden Meter vorbeitänzelt, so unsagbar langweilig und einfallslos ist. BZW: uns so erscheint.

Klar: Wir lieben euch doch und bewundern euch sowieso, liebe Designer! Wir warten doch jede Halb-Saison ungeduldig auf eure Kollektionen, und sind unbedingt unbändige Verehrer der überirdischen Schönheit eurer auf dem Catwalk staksenden Models.

Und dennoch: Hartnäckig hält sich der kleine Spießer in unserem Ohr, der in Anbetracht eurer Aufgebote immer nur hämisch wispert: "Sieh doch nur genau hin, der Kaiser ist nackt! Schon wieder nackt. Die Kaiserinnen tragen, wenn sie überhaupt etwas tragen, Fummel aus der Mottenkiste. Das hatten wir doch schon. Was ist denn neu am Neuen?"

So, liebe Fashion-Freaks und Designer-Dukes, so unverschämt tönt es in unserem Ohr, wenn es denn Mode-Nachricht von unserem Auge erhält. Ganz und gar nicht ehrfürchtig tönt es, ganz ohne Knicks vor euren Schnitt- und Schneider-Künsten. Wir wären es aber gerne und sind es dann immer wieder nicht. Was sollen wir denn auch machen?

Wir sehen bestgeformte Busen blank und denken: Hmm, lieber gar nichts an als solche Bordüren um die Nippel.

Ein unverzeihlicher Fauxpas, gewiss!

Oder: Wir sehen die neuen Bikinis und sofort fällt uns ein: Haben wir dieses Modell nicht vor kurzem in Großmutterns Wäschetruhe aus dem Altenheim geholt - und dann entsorgt?

Ja, so geht es dahin: Bei den Uniformierten denken wir an Flakhelferinnen, bei den Cowgirls an ein Fest auf dem Campingplatz von Wickerode, das jemand im Jahr des Herrn 1972 mit Super-8 gefilmt hat.

Glaubt es uns! Es ist nischtnischtnischt, rein gar nix dagegen zu machen. Wir sehen eure Klamotten und - Rrrrrrummmms! - fällt die Spießerklappe... und der unbändige Wunsch nach einer Reform der europäischen Abfall-Entsorgung keimt in uns auf.

Darum, liebe Leser, falls ihr das Revolutionäre in diesem Textil-Murks erkennen könnt, helft uns armen Bauern im Versace-Weinberg des Herrn Armani, öffnet uns die manchmal von Modelschönheit verblendeten Augen und sagt uns - aber aufrichtig! - was gut und schön und wichtig ist an diesem Gesumse. Mail genügt. Danke, jetzt schon.

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