Krieg in der Ukraine:Not und Spiele

Krieg in der Ukraine: Dürfen in Deutschland nicht mehr antreten: Das russische E-Sport-Team Virtus.pro bei einem Event in Hamburg Anfang 2020.

Dürfen in Deutschland nicht mehr antreten: Das russische E-Sport-Team Virtus.pro bei einem Event in Hamburg Anfang 2020.

(Foto: Chris Emil Janssen/imago)

Computerspielfirmen schließen sich den Sanktionen gegen Russland an. Hilft das?

Von Nicolas Freund

Jetzt ist es offiziell: Computerspiele sind politisch. Dagegen hatten sich Teile der Szene und einige Entwickler vor Kurzem noch vehement gewehrt. Sie wollten die Spiele lieber als reine Unterhaltung sehen. Der Krieg in der Ukraine hat dieses Wegducken nun endgültig unhaltbar gemacht. Eine ganze Reihe von Publishern und Entwicklern hat sich inzwischen den Sanktionen gegen Russland angeschlossen. Microsoft unterstützt die Ukraine gegen Cyber-Angriffe und verkauft keine Spiele mehr in Russland. Auch andere große Studios wie Activision Blizzard, Ubisoft und EA haben sich dem Boykott angeschlossen. Die Spiele dieser Entwickler und Anbieter können in Russland noch gespielt, aber nicht mehr gekauft werden.

Viele Entwickler spendeten außerdem Geld oder ergriffen andere Maßnahmen. Das Unternehmen Wargaming beispielsweise überwies eine Million Dollar an das ukrainische Rote Kreuz und entließ einen Entwickler, der seine Unterstützung für den russischen Angriff auf Facebook gepostet hatte. Das für die "Witcher"-Spiele und "Cyberpunk 2077" bekannte polnische Studio CD Projekt Red spendete mehr als 200 000 Euro an eine Hilfsorganisation. Und der legendäre Programmierer John Romero hat ein neues Level für seinen Klassiker "Doom 2" von 1994 veröffentlicht, das man für fünf Euro herunterladen kann. Bisher sollen so 25 000 Euro zusammengekommen sein, die an das ukrainische Rote Kreuz und den Hilfsfonds der Vereinten Nationen gehen.

Die Unternehmen und Entwickler folgen damit einem Aufruf des ukrainischen Digitalministers Mychajlo Fedorow bei Twitter, der gefordert hatte, russische und belarussische Spieler von allen E-Sport-Events auszuschließen und ihre Accounts zu blocken. So weit gehen die Gaming-Sanktionen nun nicht. Der Verkaufsstopp dürfte sich wirtschaftlich bemerkbar machen, aber keinen allzu großen Einfluss auf die Zivilgesellschaft haben, schon alleine, weil in Russland der Handel mit Raubkopien blüht. Und durch die Sanktionen westlicher Kreditkartenfirmen waren Käufe in den digitalen Shops der Firmen ohnehin schon nur noch schwer möglich.

Auch eher symbolisch sind die Maßnahmen, die erste E-Sport-Unternehmen ergriffen haben. So hat die deutsche Organisation ESL zwei russische Teams, die angeblich Verbindungen zum Kreml haben, von Events ausgeschlossen. Die Spieler dürften aber dennoch antreten, wenn sie nicht ihr Land, Team oder einen Sponsor vertreten.

Alle russischen Accounts pauschal zu blocken hätte dagegen vermutlich wirklich großen Einfluss auf die dortige Zivilgesellschaft, es wäre aber möglicherweise gar nicht die sinnvollste Maßnahme. Epic Games, die unter anderem das beliebte Spiel "Fortnite" vertreiben, teilte mit, ihre Dienste bewusst nicht abzuschalten: "Die freie Welt sollte alle Wege für einen Dialog offenhalten", schrieb das Unternehmen auf Twitter. Tatsächlich haben die Plattformen, über die digitale Spiele laufen, besonders für viele Jugendliche die Rolle sozialer Netzwerke eingenommen. Schon wird spekuliert, ob über diese Kanäle nicht auch Informationen nach Russland gelangen könnten, die der staatlichen Propaganda widersprechen. Dann könnte wirklich niemand mehr behaupten, Computerspiele seien unpolitisch.

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