Comicverfilmung "Iron Man":Splitter kreisen am Herzen

Ein Don Quijote der Technozeit: Robert Downey Jr. wird mit seinem Film "Iron Man" zum neuen amerikanischen Helden.

Fritz Göttler

Ein Supermann kommt natürlich nie allein. Er hat auf Schritt und Tritt seine kleine Schar Helferlein um sich, die braucht er, um zu funktionieren, als Mensch und als Mythos, pyro- und psychotechnisch gewissermaßen. Seine ersten Schritte als Held, seinen ersten Flugversuch besser gesagt absolviert Iron Man mit Assistenz zweier dürrer langarmiger Gesellen - einer Kamera, die seine Aktionen filmt, und eines Feuerlöschers, der aktiv werden soll, wenn es brenzlig wird.

Comicverfilmung "Iron Man": Smartes Mailbu-Geschöpf: Robert Downey Jr. kämpft als Iron Man gegen die Bösen

Smartes Mailbu-Geschöpf: Robert Downey Jr. kämpft als Iron Man gegen die Bösen

(Foto: Foto: Concorde)

Es ist eine der irrsten Szenen des amerikanischen Actionkinos der letzten Jahre, dieses unbeholfene Ballett von Mensch und Maschinen, dieser Versuch, eine Koordination zu finden für die neuen Fähigkeiten, von Robert Downey Jr. mit kurzen Japsern und Juchzern kommentiert und mit Warnungen an den Feuerlöscher, der aufmerksam Downeys Bewegungen folgt. Mit jener sanften Übereifrigkeit, die seit Tashlins Zeiten alle guten Geräte auszeichnet - am liebsten würde er schon mal loslegen, auch wenn der kritische Punkt noch nicht erreicht ist.

Wem die Kleinbürgerlichkeit und das Moralisch-Miefige von Spider-Man inzwischen ein wenig auf den Geist geht, der wird an Tony Stark seine helle Freude haben. Ein Milliardär, ein smartes Malibu-Geschöpf. Den Da Vinci der Moderne nennt man ihn, aber auch einen Händler des Todes. Ein Waffenfabrikant, der seinen Job exzellent versteht, das heißt, auch ein großartiges Gespür hat für die Vermarktung seiner Produkte.

Er steht für die globalen Business-Strategien und für die neue Sophistication des Action-Genres. Das könnte ihn dem jugendlichen Zielpublikum entfremden, das zudem sich gerade aufs Grand Theft Auto IV konzentriert - Variety hat schon mal spekuliert, wie viel Wind das Superspiel den Blockbustern dieses Sommers aus den Segeln nehmen könnte.

Bei einer Promo-Tour in Afghanistan wird Tony von Terroristen entführt - und in der Gefangenschaft wird er gezwungen, sein Geschick wieder selbst zu schmieden. Er bastelt einen klobigen Prototyp der eisernen Rüstung und entkommt mit ihr. Zurück in den USA präsentiert er sich als Pazifist, was dem Aktienkurs seiner Firma nicht sehr gut tut und seinem Partner Obadiah Stane sehr viel Kopfzerbrechen bereitet - wie Downey verblüfft auch Jeff Bridges in dieser Rolle mit eigenwilliger Bartkultur, Bridges, der einst bei Coppola den Preston Tucker spielte, eine weitere strahlende amerikanische Erfinderfigur.

Die Wende zum Pazifisten ist nicht gar so blauäugig, Tony Stark hat schon vor seiner Bekehrung ein paar differenzierte Ansichten parat gehabt und behält danach das Prinzip seines Vaters im Hinterkopf - Frieden bedeutet, einen größeren Stecken zu haben als der andere. Das hatte durchaus seinen Sinn, damals, als es gegen die Nazis ging, als am Manhattan Projekt gearbeitet wurde. Und als Arbeit und Professionalität zusammengingen mit Eleganz und Lust.

Splitter kreisen am Herzen

Howard Hughes war das Vorbild, als der einsame Konstrukteur Tony Stark in den Sechzigern kreiert wurde vom Marvel-Chef Stan Lee und seinen Helferlein. Für den Film hat Regisseur Jon Favreau ihn kräftig aufmöbeln lassen, hat die Erfahrungen der Nachkriegsgeneration zusammengebracht mit den psychedelischen Effekten der Hippiezeit, und Robert Downey, das zugedröhnte Kind der Achtziger und Neunziger, ist die perfekte Inkarnation dieser Figur zwischen Pflicht und Fun, Exzess und Besonnenheit, ein Don Quijote der Technozeit.

Gegenstück zu Bush

Wie aus hundert kleinen Impulsen eine Bewegung entsteht, das führt er in jeder seiner Szenen vor. Beim Anschlag in Afghanistan sind Splitter in seinen Körper eingedrungen, die nicht operativ beseitigt werden können, ein elektromagnetisches Versatzstück, das er sich an die Brust setzt, muss sie vom Herzen fernhalten.

Tony Stark ist das Gegenstück zum Überzeugungstäter Bush, der so starr an seiner Mission festhält, dass er zum starren, unansehnlichen Simpel wird. Ein bisschen lächerlich, wie der vor fünf Jahren auf dem Flugzeugträger einflog: Mission accomplished!? Dagegen Tonys lakonische Erfolgsmeldung an sich selber nach dem ersten Flugversuch: Yeah, I can fly ...

Manchmal muss man laufen, bevor man gehen lernt - das ist eine schöne Variante des amerikanischen Do-it-yourself-Enthusiasmus. Für die Psychotechnik hat Tony seine Assistentin Pepper Potts, Gwyneth Paltrow spielt diese His-Girl-Friday-Rolle mit sichtlichem Vergnügen. Sie bringt die Kaffeepötte und macht ihn aufmerksam, dass der Jet bereit ist und er auf der anderen Seite der Welt erwartet wird.

Und dass er sich jetzt entscheiden müsse, ob er den Jackson Pollock nun kaufen mag, "Springs". Das spielt nicht auf Frühlingsgefühle an, so heißt der Ort, wo Pollock, ein Seelenverwandter, wohnte, wo er 1956 seinen tödlichen Unfall baute, wegen überhöhter Geschwindigkeit.

IRON MAN, 2008 - Regie: Jon Favreau. Buch: Mark Fergus, Hawk Ostby, Art Marcum, Matt Holloway. Kamera: Matthew Libatique. Schnitt: Dan Lebental. Musik: Ramin Djawadi. Mit: Robert Downey Jr., Terrence Howard, Gwyneth Paltrow, Jeff Bridges, Samuel L. Jackson. Concorde, 118 Minuten.

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