Süddeutsche Zeitung

Comics:Zyklotrops Misere

José-Luis Munera knüpft in seinen zwei Bildgeschichten mit Gags und Spannung an die große, speziell frankobelgische Tradition des humoristischen Abenteuercomics für Jugendliche.

Von CHRISTOPH HAAS

José-Luis Munuera durfte ein paar Jahre "Spirou" zeichnen. Damit war er ein Star der Comic-Szene - zumindest im französischsprachigen Raum, wo die Abenteuer des rothaarigen jungen Mannes in Pagenuniform, seines Freundes Fantasio und des frechen Eichhörnchens Pips seit über 80 Jahren eine treue Leserschaft besitzen. Inzwischen ist ein anderes Team für "Spirou" zuständig. Ein Abstieg für den 1972 geborenen Munuera? Keineswegs! Arbeitete er früher mit Szenaristen zusammen, so zeigt er nun in gleich zwei Serien, dass er sehr gut sein eigener Autor sein kann.

In der Spin-Off-Serie "Zyklotrop" rückt Munuera den populärsten Gegenspieler Spirous in den Mittelpunkt. Zyklotrop ist ein ehemaliger Studienfreund des Grafen von Rummelsdorf und ebenfalls ein genialer Wissenschaftler, nur dass er sich dem Bösen verschrieben hat. Allerdings ist er auch ein bisschen trottelig, sodass ihn die Diskrepanz zwischen hinausposauntem Wollen und begrenztem Können zu einer komischen Figur macht. Bei Munuera hat Zyklotrop zudem mit einer rebellischen Teenager-Tochter zu kämpfen sowie, im aktuellen Band, mit Zedrik, einem hyperbegabten Zehnjährigen, der davon träumt, ein richtig übler Superschurke zu werden.

Der Comic "Die Campbells" spielt, anders als "Zyklotrop", in der Vergangenheit, irgendwann in der Karibik des 16. Jahrhunderts. Zu den zahlreichen Piraten, die dort unterwegs sind, zählte einige Zeit auch der verwegene Campbell. Nach dem gewaltsamen Tod seiner Frau hat er sich völlig aus dem Geschäft zurückgezogen, um in einem idyllisch gelegenen Baumhaus seine beiden Töchter Ithaca und Genova aufzuziehen. Mit dem friedlichen Leben im Verborgenen wird es allerdings nichts, denn der dämonische Pirat Inferno - eine bösartigere Version des Captain Hook aus "Peter Pan" - setzt alles daran, die kleine Familie aufzuspüren. Aber natürlich sind alle drei Campbells viel zu gewitzt und schlagkräftig, um sich so einfach den Garaus machen zu lassen.

So unterschiedlich die beiden Serien in ihren Settings sind, knüpfen sie doch in schönster Weise an die große, speziell frankobelgische Tradition des humoristischen Abenteuercomics an. Munuera versteht es perfekt, einerseits spannende Geschichten zu erzählen, andererseits Gags und Slapstick zu ihrem Recht kommen zu lassen, auch in der Schilderung familiärer Konflikte. Als sein zeichnerisches Vorbild ist eindeutig Albert Uderzo ("Asterix") erkennbar. Jedoch legt Munuera viel mehr Wert auf Dynamik - so erreicht er junge Leserinnen und Leser, die an das hohe Tempo von Mangas und Animes gewohnt sind (ab 10 Jahren).

JOSÉ-LUIS MUNUERA (TEXT UND ZEICHNUNGEN): Zyklotrop, Band 2: Der Lehrling des Bösen. Aus dem Französischen von Marcel Le Comte. Carlsen Verlag, Hamburg 2019. 64 Seiten, 12,99 Euro. JOSÉ-LUIS MUNUERA (TEXT UND ZEICHNUNGEN): Die Campbells, Band 1: Inferno. Aus dem Französischen von Marcel Le Comte. Carlsen Verlag, Hamburg 2019. 56 Seiten, 12,00 Euro.

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SZ vom 22.11.2019
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