Papiermangel schadet Comicverlagen:Der Hilferuf

Papiermangel schadet Comicverlagen: Sascha Hommer hat diese Originalzeichnung des Covers von "In China" (Ausschnitt) gespendet.

Sascha Hommer hat diese Originalzeichnung des Covers von "In China" (Ausschnitt) gespendet.

(Foto: Sascha Hommer/Reprodukt)

Den Comicverlagen geht das Papier aus. Jetzt starten sie eine große Rettungsaktion.

Von Martina Knoben

Das Papier wird knapp, die Spritpreise steigen. Bücher zu drucken und zu vertreiben ist gerade schwieriger denn je. "Nach zwei Jahren Pandemie haben wir ein massives Problem", schreibt der Reprodukt Verlag nun auf seiner Webseite und bittet um Hilfe. Eine Crowdfunding-Aktion soll das Verlagsprogramm mitfinanzieren. Rohstoffmangel und steigende Energiepreise haben die Produktionspreise nach Angaben des Verlags gegenüber dem Vorjahr um bis zu 60 Prozent erhöht. Wegen der geringen Auflagen von Comicbüchern und der vergleichsweise aufwändigen Produktion treffen die steigenden Papier- und Frachtkosten, unter denen die ganze Buchbranche leidet, unabhängige Comicverlage besonders hart.

Seit seiner Gründung 1991 ist der Berliner Reprodukt Verlag eine Institution in Sachen Autorencomics geworden, 2020 wurde Verleger Dirk Rehm mit dem K.-H.-Zillmer-Verlegerpreis ausgezeichnet. "Es wird schwierig werden im Herbst", sagt er. Um Kosten zu sparen, habe der Verlag Nachdrucke bereits eingestellt. Reprodukt arbeitet - anders als viele Verlage, die Genrecomis herausgeben - mit verschiedenen Papiersorten und -formaten, um der unterschiedlichen Bildsprache ihrer Autoren gerecht zu werden. Zu diesen Autoren zählen renommierte deutsche Zeichnerinnen und Zeichner wie Anke Feuchtenberger, Anna Haifisch, Aisha Franz, Sascha Hommer oder Barbara Yelin, aber auch internationale Größen wie Charles Burns, Igort oder Daniel Clowes vertrauen ihre Werke in Deutschland Reprodukt an.

Papiermangel schadet Comicverlagen: Außerdem Teil der Solidaritätsaktion: Eine signierte Lithografie aus "Charlotte Perriand" von Charles Berberian (Ausschnitt).

Außerdem Teil der Solidaritätsaktion: Eine signierte Lithografie aus "Charlotte Perriand" von Charles Berberian (Ausschnitt).

(Foto: Charles Berberian/Reprodukt)

Einige dieser Autoren haben nun Originalzeichnungen oder limitierte, signierte Drucke gespendet, der Verkaufserlös geht an Reprodukt. "Es gab bei den Künstlern eine große Offenheit und viel Verständnis für die Aktion", sagt Rehm. Die Preisklassen liegen zwischen zehn Euro für ein Mawil-Skatspiel und 1200 Euro für das düstere Gemälde "Nachthimmel" der Hamburger Zeichnerin und Malerin moki. Um Comicfans zu motivieren, listet der Verlag genauestens auf, welche Werke bei welchem Erlös der Spendenaktion herausgegeben werden können. Die läuft bis zum 10. Mai.

"Reprodukt sollte man unterstützen, weil ich mir sonst einen ganz langweiligen, seriösen Beruf suchen müsste", sagt der Berliner Zeichner Mawil im Video, das die Aktion begleitet. So charmant sie inszeniert ist, kann kein Zweifel daran bestehen, wie ernst die Lage ist. Blieben früher von zehn Euro Verkaufserlös zwei Euro für den Verlag übrig, seien es mittlerweile nur noch 50 Cent, rechnet Rehm vor, der ähnliche Aktionen anderer Verlage erwartet: "Wir wollten schnell sein, bevor die kommen." Für die Buchbranche sind das düstere Aussichten, wenn Verlage nicht mehr nur um spannende Autorinnen und Autoren konkurrieren müssen, sondern um die Solidarität ihrer Leser.

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