Comic: "Spiderman":Du bist gefeuert!

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Spidermans Alter Ego wird entlassen. Wir reißen uns die Straßenanzüge vom Leib, erscheinen als Superfeuilletonisten-Gang und rufen: Verdunkelt die Sonne! Denn Peter Parker ist einer von uns.

B. Graff

Sie können es nicht wissen. Aber dieser Text hier - und nicht nur dieser! - wurde von einem Superhelden verfasst.

Lange Jahre haben wir hier im Feuilleton geschwiegen, haben duldsam von Großem und Großen, von Schönen und Schönem berichtet. Zuverlässig berichteten wir, wenn die anderen ausstellten, inszenierten, Oscars erhielten und feierten. Die anderen, das sind Künstler, Dichterdenker, Mover und Shaker - und wir sind ihre buckelnd-berichterstattenden Gehilfen. Mühen haben wir, ein Mikrofon richtig herum zu halten oder mit dünnem Stimmchen: "Skandal!" zu rufen. So dachten Sie von uns. Pah!

Doch wir verstecken uns nicht länger. Nun, da es den Ersten von uns erwischt hat und nicht den Schlechtesten. Es hält uns nicht mehr hinter Hornbrillen und den blöden Tarnnamen der Secret Identity. Wir stürzen in die letzten verbliebenen Telefonzellen, reißen uns die Straßenanzüge vom Leib und die Hornbrillen und erscheinen als die Superfeuilletonisten-Gang, die wir nun mal sind, und brüllen mit Superpuste hinaus: "Stoppt alle Uhren! Verdunkelt die Sonne! Verpackt den Mond! Peter Parker ist entlassen!"

Räusper . . . stöhn . . . ächz - diese Nachricht ist schieres Kryptonit für unsere Nerven. Peter Parker ist die Tarnexistenz des bestvernetzten Kollegen Spiderman. Entlassen wurde also jener Peter, der sich recht schlecht verdingte als Fotojournalist im falschen bürgerlichen Comic-Leben. Wie alle Superfeuilletonisten erhielt er viel zu wenig Salär. Parker bekam es für den Verkauf von Spiderman-Fotos, von Selbstporträts also in seiner Gestalt als Superhero.

Gut, das klang immer schon nach: "Journalismus leicht gemacht". Aber von irgendwas müssen ja auch wir leben. Und Heldentaten sind nicht steuerlich absetzbar. Unsere Recherchen - Danke hierfür, Silver Surfer, Batman, Flash! - haben erbracht, dass J. Jonah Jameson, der Crewcut-Schnauzbart-Boss des Daily Bugle, wie viele seines Metiers ein Schinder mit Zigarre, es Parker mit den schlichten Worten gesteckt habe: "Du bist gefeuert!"

Gerüchten zufolge soll Peter indes nicht das Opfer der Willkür eines Vorgesetzten, der Rezession oder der Finanzkrise geworden sein. Vielmehr kosteten ihn wohl die Umtriebe eines Super-Schurken den Job. Und ja, Peter hat wohl auch ein paar journalistische Prinzipien verletzt, als er Fotos von seinem Chef zu dessen Ungunsten digital retuschierte. Warum all das geschah, ist im nächsten Heft nachzulesen. Bitte, bitte, verraten Sie aber niemandem, dass Sie nun die wahren Existenzen hinter unseren Feuilletonisten-Masken kennen. Hulk, ich habe gesprochen.

© SZ vom 5.3.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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