Comic:Der Joker als Populist

Kann es nach 80 Jahren noch gute neue Batman-Geschichten geben? Der Band "Creature oft the Night" beweist es.

Von CHRISTOPH HAAS

Superhelden existieren grundsätzlich in doppelter Gestalt, als kostümierte Vigilanten und als Bürger, außerdem unterliegen sie dem Wechsel des Zeitgeists. Das gilt auch für Batman, den es als knallbunten Helden mit starkem Pop- und Camp-Touch gibt und andererseits als rabiaten Kreuzzügler gegen das Verbrechen. Diese Lesart hat Frank Miller in "Die Rückkehr des Dunklen Ritters" (1986) vertreten.

Ohne das Vorbild dieses epochalen Werks wären alle wichtigen Batman-Titel der letzten Jahrzehnte kaum denkbar. Zum aktuellen Jubiläum wurden einige von ihnen in De-luxe-Ausgaben neu aufgelegt, darunter "Das erste Jahr" (Text: Frank Miller, Zeichnungen: David Mazzucchelli, 1987), "Killing Joke" (Text: Alan Moore, Zeichnungen: Brian Bolland, 1988) und "Der dunkle Prinz" (Text und Zeichnungen: Enrico Marini, 2018). Allerdings hat der Erfolg von "Die Rückkehr des Dunklen Ritters" auch dazu geführt, dass Batman nun allzu oft der düstere, brutale und kaputte Typ sein muss.

Comic: Die Figur des Batman sei so unverwüstlich wie ein Diamant, hat der Comicautor Frank Miller über den dunklen Helden gesagt.

Die Figur des Batman sei so unverwüstlich wie ein Diamant, hat der Comicautor Frank Miller über den dunklen Helden gesagt.

(Foto: Mauritius Images)

Ganz dieser Linie verpflichtet sind zwei neue Bände. In "Der Weiße Ritter" von Sean Murphy (Panini-Verlag) wird der Joker durch ein neues Medikament geheilt und wandelt sich zum Wohltäter Gothams, auf Kosten Batmans, den er als Gefahr für Gesetz und Ordnung darstellt. Murphy hebt die Spiegelbildlichkeit der beiden sowie deren latent homoerotische Verbundenheit hervor; zugleich macht er, wie Frank Miller, aus dem Dark Knight Detective einen faschistisch angehauchten Anarcho. Das wäre ambitioniert genug, aber dazu kommen mehrere Nebenhandlungen und gleich zwei Harley Quinns. In diesem Trubel geht unter, dass der Comic im Grunde eine Anti-Trump-Fabel ist - der Joker als Populist.

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Ein kompletter Reinfall ist dagegen "Damned" (Brian Azzarello / Lee Bermejo, zwei Bände im Panini-Verlag, der dritte erscheint im Dezember). Hier trifft Batman auf Figuren, die aus der Horrorecke von DC kommen wie der Magier John Constantine. Das ist nicht ganz abwegig, da ein gewisser Gothic-Aspekt zu Batman gehört. Leider ist Autor Brian Azzarello aber keine gute Story eingefallen.

Aber kann man nach 80 Jahren überhaupt noch interessante Batman-Geschichten erzählen? Solange DC mit dem Nachkochen alter Rezepte durchkommt, ist der Anreiz für den Verlag wohl nicht allzu groß. Wie aufregend es sein kann, einmal etwas zu wagen, zeigt "Creature of the Night" (Kurt Busiek/John Paul Leon , Book 1, 2, 3. DC Comics, New York 2017 - 2019, je 5,99 Dollar. Der vierte Band erscheint im Oktober, eine deutsche Gesamtausgabe im Juli 2020 bei Panini). Die Handlung ist nicht im DC-Universum angesiedelt, sondern im Boston der Sechziger und Achtziger. Der kleine Bruce Wainwright ist ein glühender Batman-Fan. Als seine Eltern von Einbrechern ermordet werden, gelingt es der Polizei nicht, die Täter zu finden. Bei einem Zoobesuch erschafft Bruce auf magische Weise ein riesiges Fledermauswesen, mit dem er in enger psychischer Verbindung steht und mit dessen Hilfe er die Stadt vom Verbrechen befreien will. Aber so einfach wie in den Comics ist dies nicht. In John Paul Leon hat Szenarist Kurt Busiek einen Künstler zur Seite, der Superhelden-Action liefern kann, ansonsten aber in einem Stil zeichnet, den man aus vom Film noir beeinflussten Crime-Comics kennt. Mit "Creature of the Night" liegt zum Batman-Jubiläum zumindest ein Werk vor, das sich der Bedeutung dieser Figur als würdig erweist.

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