Süddeutsche Zeitung

Comedy:Derbe Sprüche

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Matuschke vergaloppiert sich im Hofspielhaus

Von Thomas Becker, München

Wie so oft bei Matuschke: prima Musik. Vor seinem Auftritt im Hofspielhaus und in der Pause läuft Billie Holiday. Schön. Im Hauptberuf als Radiomoderator ist Matthias Matuschik bekannt für seine feine Musikauswahl, und da passt es ja, dass auch sein Wirken als Kabarettist von ein paar geschmackvollen Nummern untermalt wird. So werden die weniger geschmackvollen im Programm ein wenig abgefedert. Und davon gibt es so einige.

Seit drei Jahren steht Matuschke auch auf der Bühne, "Entartete Gunst" ist sein zweites Soloprogramm. Als Bayern-3-Hörer kennt und mag man seine launigen Moderationen, die sich vom üblichen Gesabbel vieler seiner Kollegen wohltuend abheben. Er ist sogar einer, bei dem man lauter statt leiser dreht, wenn er anfängt zu reden, dem man auch bei den Staumeldungen zuhört, selbst wenn man gerade gar nicht Auto fährt. Aber auf der Bühne ist er eine Enttäuschung, reitet die wenigen guten Gags mausetot.

Sowohl auf Sendung wie auf der Bühne gefällt sich der Frühfünfziger als derber Anecker, als Unbequemer, einer, der mal sagt, wie es ist, jawoll. Nur: Abgesehen vom politisch korrekten Hinweis, dass in diesem Land absurde Summen für absurd unnötige Dinge Geld ausgegeben wird, das es für die Belange von Flüchtlingen dann nicht gibt, außer dem Aufruf, mal nachzudenken, für welchen Quatsch man zuweilen Geld ausgibt, ist da nicht viel zum Anecken. Veganer-Bashing, Bio-Binsen, Von-der-Leyen-Dresche? Geht's beliebiger?

Schlimm: die pubertären Machosprüche und das zuweilen üble Stammtischniveau. Beispiel: "Wenn so ein junger Flüchtling im Schwimmbad einer 50-Jährigen mal an die Brust langt, muss die doch dankbar sein." Sollte da so etwas wie Ironie eingebaut sein, ist sie verdammt gut versteckt. Abstrus auch der Ausflug zu den E-Autos. Matuschkes Credo: alles Quatsch, "der Sprit ist doch da", und so ein Ford Mustang will halt bewegt sein. Ständig werden Rentnerinnen "platt gemacht", über Alte am Steuer gelästert, was nicht alle Senioren im Publikum lustig finden. Aber Billie Holiday war klasse.

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Quelle:
SZ vom 12.09.2016
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