Nachruf auf Claude Brasseur:Der harte Hund der Bourgeoisie

Nachruf auf Claude Brasseur: Claude Brasseur spielte für viele große Regisseure des französischen Kinos, darunter Jean Renoir, Claude Sautet und Catherine Breillat. Zweimal erhielt er den César.

Claude Brasseur spielte für viele große Regisseure des französischen Kinos, darunter Jean Renoir, Claude Sautet und Catherine Breillat. Zweimal erhielt er den César.

(Foto: Valery Hache/AFP)

Claude Brasseur war der französische Schauspieler par excellence. Er konnte beispiellos das Bürgertum verkörpern, bieder und untergründig zugleich.

Von Fritz Göttler

"Bei Licht besehen", sagt das Bürschchen zu dem älteren Herrn, "sind Sie nur ein Lustmolch." Er ist sauer, weil sein Mädel, die süße Sophie Marceau, sich dem Älteren an den Hals geworfen hat. Das war aber nur ein Täuschungsmanöver ihrerseits, tatsächlich ist er ihr Vater im Film. Die Szene ist einer der verzwickten Momente in "La boum/ Die Fete", dem französischen Großerfolg der Achtzigerjahre, für den man sich an Claude Brasseur erinnern wird.

Brasseur wurde am 15. Juni 1936 geboren, seine Eltern waren berühmte Schauspieler, Pierre Brasseur und Odette Joyeux, die sich bald trennten. Also gab der Vater später den Sohn dem Paten in die Obhut, der sich damals, Anfang der Fünfziger, einen Bart wachsen ließ, der den Jungen beim Umarmen kitzelte - es war Ernest Hemingway.

Brasseur, der in mehr als hundert Filmen spielte, dazu eine Menge TV und Theater machte, war der französische Schauspieler par excellence. Das heißt, er konnte beispiellos die Bourgeoisie verkörpern, bieder, untergründig, auf der anderen Seite fies und brutal und unberechenbar - weshalb er gern wechselte zwischen Flic- und Gangster-Rollen. In Truffauts "Ein schönes Mädchen wie ich" ist er wirklich ein Lustmolch, der Anwalt Murene. Als er 1986 in dem fiebrigen "Abstieg zur Hölle" nicht mehr den Vater, sondern plötzlich den Ehemann Sophie Marceaus spielte, einen aggressiven Krimiautor in Haiti, hat das gehörige Aufregung verursacht.

Brasseur konnte ein sehr harter Hund sein, er war sportlich aktiv und gewann 1983 die Rallye Paris-Dakar, als Beifahrer von Jacky Ickx. In Godards "Außenseiterbande" verbesserte er den Weltrekord für den Durchlauf durch den Louvre mit Anna Karina und Sami Frey auf 9 Minuten 43 Sekunden. "Die Helden zu imitieren macht ihm solchen Spaß, dass es seine Wirklichkeit wird", schrieb Frieda Grafe über Brasseur in diesem Film.

Gemeinsam sieht man die drei in einem Café tanzen, in sich konzentriert, sagenhaft sinnlich. In "Détective" hat Claude Brasseur ein weiteres Mal für Godard gespielt, einen Flugkapitän. In seinem Koffer hat er ein Buch dabei, einen Klassiker des Existenzialismus, den "Nachtflug" von Saint-Exupéry. Am Montag ist Claude Brasseur im Alter von 84 Jahren in Paris gestorben.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusJean-Luc Godard wird 90
:"Zu spät, es ist schon auf dem Film"

Jean-Luc Godard zum Neunzigsten, ein Geburtstagsgruß. Und eine Erinnerung an die Dreharbeiten von "Allemagne Neuf Zéro", seinen unvergessenen Filmessay über Deutschland.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: