Wenn Politiker in Ruhestand gehen, ist es oft so, dass sie ihre Erinnerungen schreiben, da und dort als Schirmherren auftreten oder an ehrenamtlichen Projekten mitwirken, die ihnen am Herzen liegen. Manchmal verdienen sie nach dem Ende ihrer politischen Karriere noch mal ordentlich Geld. So wie Gerhard Schröder bei Gazprom. Das hat ihn zwar gewaltigen politischen Kredit gekostet, was ihm aber herzlich egal ist. Dass Politpensionäre aktiv mithelfen, aus einer Insolvenz einen Neustart zu machen, ist hingegen eher selten. Dem ehemaligen Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) ist das jetzt gelungen, und so wie es aussieht, könnte es sich um eine langfristige Rettung handeln. Ude hat nach Kräften daran mitgewirkt, der Münchner-Lach- und Schießgesellschaft, einem der traditionsreichsten Kabaretts der deutschen Nachkriegsgeschichte, wieder auf die Beine zu helfen.
Das hat nicht nur damit zu tun, dass Udes kulturelle Interessen schon immer besonders dem Kabarett gegolten haben, und zwar nicht nur passiv. Bis heute tritt der Altbürgermeister immer wieder auch selbst als Kabarettist auf. Die spezielle Liebe zur Münchner Lach- und Schießgesellschaft hängt auch mit seiner persönlichen Freundschaft mit Dieter Hildebrandt zusammen. Der 2013 verstorbene Hildebrandt gehörte zu den Gründern der „Lach- und Schieß“ und ist bis heute der wohl bekannteste deutsche Kabarettist.
Als die zerstrittenen Gesellschafter der Lach- und Schießgesellschaft im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden mussten, entstand sehr schnell ein Förderverein, der sich „Die Laden-Hüter“ nannte, weil Mitgründer Sammy Drechsel die winzige Spielstätte im Münchner Stadtteil Schwabing mit ihren lediglich 80 Plätzen immer nur den Laden nannte. Vorsitzender des Vereins wurde Ude. Zusammen mit seinen Mitstreitern gelang es nicht nur, Spendengelder einzusammeln, sondern auch ein Zukunftskonzept zu entwickeln. Es wurden zusätzliche Säle an zwei anderen Orten gefunden, in denen in der Übergangszeit bereits gespielt wurde und die auch in Zukunft genutzt werden sollen. Und an diesem Montag wird auch der traditionsreiche „Laden“ in Schwabing wiedereröffnet. Weil Kabarettabende in dem winzigen Saal allein nicht kostendeckend wären, wird die „Lach und Schieß“ künftig ganztägig gastronomisch genutzt. „Das wirtschaftliche Konzept ist durchdacht“, sagt Ude, der auch einer der Gesellschafter der Veranstaltungs-GmbH ist, die die Namensrechte an der Lach- und Schießgesellschaft besitzt.
Die Wettschuld: einen Tag bei der Müllabfuhr arbeiten
Für Ude ist das nicht die einzige erfreuliche Wende. Im August hatte er mit dem Sänger und Schauspieler Ron Williams gewettet, dass er bis Oktober 100 000 Unterschriften gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus sammeln werde. Ude verlor die Wette. Er schaffte nur gut 50 000 Unterschriften und muss jetzt als Wettschuld bis Dezember in orangener Kluft einen Tag bei der Münchner Müllreinigung mithelfen. Doch das Blatt hat sich plötzlich gewendet, jetzt helfen BMW und der FC Bayern mit, weitere Unterschriften zu sammeln. Ausgerechnet Uli Hoeneß, einer der langjährigen Intimfeinde von Ude. Auf Meisterfeiern des FC Bayern wurde Ude, der Fan von 1860 München ist, regelmäßig ausgepfiffen. Jetzt darf er in der Allianz-Arena oder in der Basketballhalle weiter Unterschriften sammeln.
Als Dank für die neuen Helfer trägt Ude auch dort seine Wettschuld ab. Bei BMW hat der Ex-OB am vergangenen Freitag in der Firmenkantine in München Essen ausgegeben und Geschirr gespült. Auch für den FC Bayern ist irgendein Serviceauftritt geplant, was genau, steht noch nicht fest. Sollte es dabei Bilder von Hoeneß und Ude in trauter Eintracht geben, dürften sie in den Münchner Medien auf großen Widerhall stoßen. „Das ist ein Happy End, das völlig unerwartet daherkommt“, sagt Ude.