Ach, wie gerne hätte man am Ende eingestimmt in das Halleluja des Schlusschors! Wie gerne hätte man sie gefeiert, bejubelt und beklatscht, all die Sängerinnen und Sänger, die Protagonisten und Statisten, die Männer, Frauen und Kinder, all diese fabelhaften Oberammergauerinnen und Oberammergauer, die aus dem von ihnen dargebotenen "Spiel von der Passion des Jesus von Nazareth" ein so eindrückliches, ja, überwältigendes Erlebnis machten. Auch die 57 Musiker, die in einem extratiefen Orchestergraben nicht nur in der Stärke, sondern auch in der Qualität eines klassischen Symphonieorchesters aufspielten, hätte man gerne einmal zu Gesicht bekommen. Und auch sie hochleben lassen. Bravo. Bravissimo. Aber bei Darbietungen religiösen Charakters ist es nun mal Tradition, dass kein Applaus gespendet wird. Das, was da in Oberammergau auf der Bühne zu sehen ist, mag theatralisch noch so ausgefeilt und ausgereift sein - und das ist es auf staunenswerte Weise -, es ist und bleibt doch seinem Wesen nach: ein christliches Spiel. Eine Passion.
Oberammergauer Passionsspiele:Mensch unter Menschen
Weniger Volkstheater als große Oper: Frederik Mayet als Jesus beim Einzug in Jerusalem.
(Foto: Matthias Schrader/AP)Erdfarbener, ärmlicher, düsterer: Mit zweijähriger Pandemie-Verzögerung inszeniert Christian Stückl in Oberammergau seine vierten Passionsspiele.
Von Christine Dössel
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