Chinas Literaturnobelpreisträger in der Kritik:"Mo Yan verteidigt dieses bösartige System"

Noch bevor der chinesische Schriftsteller Mo Yan seine Nobelvorlesung in Stockholm hält, attackieren ihn oppositionelle Künstler wie Ai Weiwei. Besonders massiv fällt die Kritik aus wegen Aussagen, die Mo Yan jüngst zum Thema Zensur gemacht hat.

Der chinesische Dissident und weltbekannte Künstler Ai Weiwei. Diese Aufnahme ist Ende Mai 2012 in Peking entstanden.

Der chinesische Dissident und weltbekannte Künstler Ai Weiwei. Diese Aufnahme ist Ende Mai 2012 in Peking entstanden.

(Foto: REUTERS)

Mit seiner Unterstützung der Zensur ist der chinesische Literaturnobelpreisträger Mo Yan in China auf deutliche Kritik gestoßen. "Er sollte sich schämen", sagte der berühmte chinesische Künstler Ai Weiwei der Nachrichtenagentur dpa in Peking. "Er verteidigt dieses bösartige System." Der Regimekritiker verwies darauf, dass in China Schriftsteller und Künstler in Haft gesteckt oder bedroht werden. Der im Exil in den USA lebende Autor Yu Jie nannte Mo Yan einen "Lakaien" des chinesischen Systems.

Besonders massiv fällt die Kritik wohl aus wegen Aussagen, die Mo Yan jüngst zum Thema Zensur gemacht hat. Auf einer Pressekonferenz in Stockholm hatte Mo Yan am Donnerstag Zensur als notwendiges Übel beschrieben und mit Sicherheitskontrollen auf Flughäfen verglichen. Ähnliches gäbe es auf der ganzen Welt, unterschiedlich sei nur der Grad der Zensur.

Intellektuelle zeigten sich auch empört über sein Schweigen über den chinesischen Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo, dessen Freilassung zuvor 134 Nobelpreisträger in einem offenen Brief gefordert hatten.

"Dass ein Nobelpreisträger die Zensur unterstützt, kann auf keinen Fall akzeptiert werden", sagte der Direktor des Hongkonger Pen-Zentrums unabhängiger chinesischer Schriftsteller, Patrick Poon. "Wir alle sollten uns fragen, ob ein solcher Schriftsteller den höchsten Literaturpreis der Welt verdient hat."

Herta Müller nannte Nobelpreis für Mo Yan eine "Katastrophe"

Mo Yan hält an diesem Freitag in Stockholm die traditionelle Nobelvorlesung. Drei Tage vor der Verleihung der Nobelpreise wird mit besonderer Spannung erwartet, ob sich der 57-jährige Träger des diesjährigen Literaturnobelpreises zur politischen Lage in seinem Land äußert.

Nach der Bekanntgabe der Auszeichnung an Mo Yan im Oktober hatte unter anderem die deutsche Nobelpreisträgerin Herta Müller die Entscheidung als "Katastrophe" bezeichnet. Sie warf dem Preisträger ebenso wie namhafte chinesische Exil-Autoren unkritische Anpassung an die Machthaber in Peking vor. Mo Yan hat den Nobelpreis an ihn als "Sieg der Literatur über die Politik" bezeichnet.

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