MeinungRaubkunst in der Bayerischen Staatsgemäldesammlung:Das Vertrauen ist erschüttert

Gastbeitrag von Charlotte Knobloch

Lesezeit: 1 Min.

Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. (Foto: Leonhard Simon)

Nachkommen der einstigen Eigentümer von Raubkunst werden hingehalten? Allein der Verdacht ist unerträglich. Die Verantwortlichen müssen jetzt schnellstmöglich Klarheit schaffen.

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, hat sich in der Debatte über den Umgang mit Raubkunst in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen zu Wort gemeldet. Die Stellungnahme liegt der SZ exklusiv vor.

Die aktuelle Debatte über Raubkunst in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, angestoßen durch den Artikel von Jörg Häntzschel in der Süddeutschen Zeitung vom 19. Februar 2025, löst in der jüdischen Gemeinschaft große Verunsicherung aus. Die Umsetzung der Washingtoner Prinzipien von 1998 zur Restitution von Kunstgegenständen, die die Nationalsozialisten und ihre willfährigen Unterstützer jüdischen Eigentümern geraubt haben, ist diffizil und erfordert große Sorgfalt. Vor allem erfordert sie Transparenz und den Willen, geraubte Werke schnellstmöglich an die Eigentümer beziehungsweise deren Erben zurückzugeben.

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Dabei geht es um Gerechtigkeit. Das Unrecht, das den einstigen Eigentümern angetan wurde, ist nicht wiedergutzumachen. Alle wurden verfolgt, viele aus Deutschland vertrieben, andere in den Selbstmord getrieben, sie wurden verschleppt, gequält, ermordet. Davor wurden sie systematisch erniedrigt – und mit erpresserischen Mitteln um ihr Hab und Gut gebracht, das fortan die nationalsozialistischen Herrscher und ihre Gefolgsleute bereicherte. Es war Raub aus niedrigsten Beweggründen: Judenhass und Habgier.

Die Eigentümer und ihre Erben haben einen Anspruch auf eine zügige Umsetzung

Dass heute, 80 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus und mehr als 25 Jahre nach der Unterzeichnung der Washingtoner Prinzipien, auch nur der Verdacht besteht, dass Nachkommen der einstigen Eigentümer von Raubkunst hingehalten und von einem der bedeutendsten Museen des Landes Kunstwerke zurückgehalten werden, ist unerträglich. Bekenntnisse zur historischen Verantwortung haben wir lange genug gehört.

Die Verantwortlichen müssen jetzt schnellstmöglich Klarheit schaffen – und geraubtes Gut endlich zurückgeben. Dass der Bayerische Landtag nun einstimmig entsprechende Maßnahmen beschlossen hat, ist ein erster unerlässlicher Schritt. Die Eigentümer und ihre Erben haben einen Anspruch auf eine zügige Umsetzung. Das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit von Politik und Museen in Sachen Restitution geraubten Gutes ist erschüttert – es darf nicht verspielt werden.

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