Die Bilder, die dieser Tage von den MTV European Music Awards um die Welt gingen, verursachten dann doch mal wieder eine mittelschwere Depression. Das ist also übrig geblieben vom großen Popkulturspektakel, dass dieser Sender einmal aufführte: braver Bombast-Kitsch.
Zum Glück sah man dann aber doch noch mal den wirklich fabelhaften Auftritt von Father John Misty in der Late-Night-Show von David Letterman am 3. November und war sofort wieder versöhnt mit dem Mainstream-Fernsehen, also wenigstens dem amerikanischen.
Eigentlich hat dieser große abgewohnte Indie-Folk-Entertainer im Mainstream-Fernsehen ja überhaupt nichts verloren, viel zu ironisch, viel zu klug ist er, und dann sitzt er da am Flügel vor einem 22-köpfigen Streichorchester und singt inbrünstig seinen neuen Song "Bored In The USA", die Kamera wandert langsam um ihn herum, und als erstes bemerkt man, dass sich die Klaviertasten von selbst bewegen, dann wird der Text immer bitterer - "Oh, they gave me a useless education / And a subprime loan / On a craftsman home" - und dann ist recht abrupt Schluss, er steckt das Mikro auf den Ständer, die Hände in die Hosentaschen seines dunklen Anzugs und blickt herausfordernd ernst ins Publikum.
Das Standard-Show-Protokoll sieht jetzt ja eigentlich absurde Lockerheit vor, Lächeln, Grinsen, Lachen, überschwängliche Dankesgesten ans frenetisch jubelnde Publikum, happy Shakehands mit Letterman und so weiter. Nicht mit Father John Misty!
Ach, leider erscheint der Nachfolger des fantastischen Debüts "Fear Fun" erst im kommenden Februar. Die Platte wird "I Love You, Honeybear" heißen und nach allem, was davon schon zu hören ist, muss man sagen: Sie ist noch besser als "Fear Fun", und es stimmt haargenau, was der Künstler selbst dazu ausrichten lässt: "Man könnte sagen, dass 'I Love You, Honeybear' ungefähr so klingt und vorgeht wie John Lennon während seiner Solo-Jahre, wie Scott Walker, Randy Newman, Harry Nilsson und Dori Previn. Außerdem wurde sich mehr als ein Trick geborgt von Woody Allen, Kurt Vonnegut, Alejandro Jodorowsky und Muhammad Ali."
Mit anderen Worten: Das nächste Pop-Jahr wird grandios beginnen. Kein Zweifel.