CD: "Turkish Groove":Boomender Bosporus

Liebe, Weltschmerz und Alltagsleiden - das sind auch in der türkischen Musik große Themen. Der Sampler "Turkish Groove" bietet eine schöne Auswahl pathetischen Popschmalzes zum Schwelgen und Tanzen.

Silke Lode

Türkische Popklänge sind auch fern des Bosporus erfolgreich. Sertab Erener wurde mit ihrem Sieg beim Eurovisions-Wettbewerb 2003 mit einem Schlag in ganz Europa bekannt, Mustafa Sandal hat sich über die Kooperation mit dem deutschen Reggae-Star Gentleman in der Musikszene zu einem Begriff gemacht, und dann ist da natürlich noch Tarkan.

CD: "Turkish Groove": Sezen Aksu, die Mutter der türkischen Pop.

Sezen Aksu, die Mutter der türkischen Pop.

(Foto: Foto: Exil)

Sie erinnern sich - der "schmatzschmatz"-Song, den man am besten im offenen Cabrio bei voller Lautstärke hört und dabei im Sitz auf und ab springt? "Simasik" oder "Kiss, Kiss" heißt Tarkans bisher größter Erfolg.

"Abschiede bleiben wie Tränen, Erinnerungen halten nicht still", seufzt der in Deutschland geborene Tarkan in seinem neuen Song "Dudu", der sich auf dem Sampler "Turkish Groove" (Putumayo/Exil) findet.

Die Weltmusik-Soundschürfer des Labels Putumayo haben sich eine ganze Weile in Istanbul herumgetrieben und mit "Turkish Groove" eine Sammlung ihrer Schätze vorgelegt. Songs von Stars wie Tarkan, Sertab oder Mustafa Sandal finden sich auf der Zusammenstellung ebenso wie Titel von Newcomern.

Die Bezeichnung "pathetischer Popschmalz" klingt vielleicht etwas abfällig, charakterisiert die leidenschaftlichen Lieder mit ihren dramatischen Gesängen aber recht treffend. Den Zusatz "Groove" hat diese Platte auf jeden Fall verdient - Dauerfußwippen und Fingerklopfen sind bei dem Tanz-Mix aus Istanbul eine nicht zu vermeidende Nebenwirkung.

Einen der groovigsten Titel, der einer Bereicherung für jedes Innenstadt-Cruising junger Türken ist, steuert Bendeniz bei. "Kirmiz Biber", "scharfen Chili", serviert sie mit nahöstlichen Trommel-Rhythmen, garniert mit einem Anflug von Punjabi-Gezupfe und den obligatorischen Geigenquietschern, die der arabischen Popmusik entliehen sind. Ein echter Ohrwurm, den man schon beim zweiten Hören mitsummen kann.

Nazan Öncel, die viele Songs für Tarkan und andere türkische Stars geschrieben hat, ist mit einem eigenen Song vertreten. Viel Sprechgesang und ein Refrain, der sich sofort festsetzt, bilden das Gerüst von "Atiyorsun", das von üppigem Geigenschwirren, einem tanzbaren Beat und folkloristischem Zupfen abgerundet wird - die Songwriterin Öncel zeigt, was sie kann.

Eine weitere Größe ist Sezen Aksu, die seit mehr als 30 Jahren als die Nummer Eins und "Mutter" des türkischen Pop gilt - mehr als 20 Alben hat sie bereits veröffentlicht und einigen Stars beim Start ihrer Karriere geholfen.

"Jeder der die Rose mag, muss auch ihre Dornen akzeptieren", schmäht Sezen Aksu einen Liebhaber, der mit ihren Stärken nicht umgehen kann. Liebe, Weltschmerz und Alltagsleiden - ihre Texte passen zu den üblichen Themen des Arabesk, jener von arabischen und vor allem libanesischen Einflüssen geprägten Stilrichtung, die in der Türkei nach wie vor erfolgreich ist.

"Turkish Groove" ist eine schöne Zusammenstellung aktueller türkischer Musik zum Mitschwelgen und Tanzen, im umfangreichen Cover gibt es viele Infos über die Künstler und die türkische Musikentwicklung, vom Verkaufserlös wird ein Teil an ein Kinderhilfswerk in der Türkei gespendet. Also dann: "Kasetci ´ya gidin ve bu CD'i alin" - frei übersetzt: "Auf zum Plattenladen!".

Turkish Groove (Putumayo/Exil)

1. Bendeniz: "Kirmizi Biber" 2. Mustafa Sandal: "Kalmadi" 3. Sertab: "Buda" 4. Nilgül: "Pis Pisla" 5. Tarkan: "Dudu" (Özgür Buldum Remix) 6. Gölseren: "Sinanay" 7. Emrah: "Kusursuzsun" (Acoustic Version) 8. Güksel: "Ayrilik Günü" 9. Tugba Ekinci: "Oha Falan Oldum Yani" 10. Nazan Öncel: "Atiyosun" 11. Sezen Aksu: "Sanima Inanma"

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