CD-Kritik: Carla Bruni:Summ, Carla, summ!

Carla Bruni, Ex-Model und Sängerin, behauchte den Unterwäsche-Spot mit Emmanuelle Béart. Aber wer wird denn jetzt an Sex denken? Die Schöne hat auch Verstand - und eine Gitarre. Mit Bildstrecke.

Nicola Holzapfel

Eine schöne Frau. Eine Gitarre. Ein großer Erfolg. So beschreibt das Musiklabel "naive" den betörenden Aufstieg ihres singenden Ex-Models Carla Bruni. Vor vier Jahren brachte die Italienerin ihre erste CD ("Quelqu'un m'a dit") auf den Markt. Die leicht aufgepoppten Chansons, mehr gehaucht als gesungen, wurden weltweit zwei Millionen Mal verkauft.

Eine schöne Frau. Eine Gitarre Ein bisschen Kopf. Puristisch gab sich Bruni damals nicht nur mit ihrer Musik. Konzert-Auftritte absolvierte sie ganz in Schwarz. Für das erste CD-Cover posierte sie in Jeans und Schlabber-Shirt. Angesichts des sich einstellenden Erfolgs demonstrierte sie Bescheidenheit: "Ich bin ein Ex-Model, habe eine rauchige Stimme und ein Album herausgebracht, das gut lief. Mehr nicht."

Das reichte zum grundlegenden Image-Wandel. Dem Laufsteg-Körper der 90er Jahre entstieg eine sanfte Künstlerin mit Engelsgesicht.

Eine schöne Frau. Eine Gitarre. Ein bisschen Sex. Noch zu Model-Zeiten schaffte es Bruni mit manchen Tändeleien in die Schlagzeilen. Zu ihren Eroberungen gehörten Eric Clapton, Mick Jagger, Kevin Costner ...

Die Model-Karriere endete, die Affären blieben. Im Fall des französischen Philosophen Raphael Enthoven gab es gar öffentlichkeitswirksame familiäre Wirren. Bruni war zuvor mit dessen Vater zusammen und Enthoven anderweitig verheiratet. Natürlich wurden die Sängerin und der Philosoph trotzdem ein Paar. Die betrogene Ex-Frau konnte ihrer Traurigkeit dann nur mit Hilfe eines Enthüllungsbuches entkommen. Und die Gewinnerin besang auf ihrem ersten Album munter die amourösen Qualitäten ihres neues Geliebten.

Spinnweben auf dem Spiegelbild

Die amourösen Qualitäten von Carla Brunis Stimme bewogen die Marketing-Strategen der Modekette H&M kürzlich dazu, sie mit Emmanuelle Béart zusammenzubringen. Das Ergebnis ist ein Unterwäsche-Video, in dem sich Béart in Slip und BH in einem Schlafzimmer mit Katze hin und her bewegt, während Bruni singt.

In einem Interview verriet die Sängerin, dass es viel leichter sei im Bikini durch Blitzlichter zu spazieren als mit einer Gitarre aufzutreten. Im Konzert fühle sie sich "viel nackter".

Eine schöne Frau. Eine Gitarre. Ein bisschen Schmerz. Jetzt hat sie also ein zweites Album aufgenommen: "No Promises". Der Clou diesmal: Sie hat englische Lyrik vertont. William Butler Yeats, Dorothy Parker, Emily Dickinson. Also singt sie über Spinnweben auf dem Spiegelbild, über Tränen, und verlorene Lieben. Die Songs sind bluesiger geworden, und jetzt wird auch mal ein rockiges Gitarren-Solo (allerdings nicht von ihr) eingestreut.

Und Carla singt. Carla haucht. Carla summt. Carla flüstert. Produziert hat das Ganze, wie schon die erste CD, Louis Bertignac. Auf dem CD-Cover posiert sie in weißem Hemdchen, mit Buch, Rosen und - Gitarre.

Entzweite Liebende und von melancholischen Anfällen Gebeutelte werden Brunis Album in diesen trübseligen Wintermonaten, die keine sind, nicht entgehen können. Alle anderen, die bei der letzten Nummer "At last the secret is out" (Wystan Hugh Auden) noch nicht eingeschlummert sind, lassen sich von Carla bestimmt gerne ein zweites und drittes Mal in den Schlaf singen.

Ob es schwer gewesen sei, mit solch ernsten Gedichten zu hantieren, wollte ein Journalist von ihr wissen. Carlas Antwort: "Man muss es einfach machen. Wie beim Sex."

Eine schöne Frau. Eine Gitarre.

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