Campino wird 50:Bevorzugt blond

Andreas Frege wird 50. Andreas wer? Na, Campino. Der Mann, dessen Punkrock-Karriere nicht daran gelitten hat, dass er den gleichen Namen trägt wie ein rosa-weißes Lutschbonbon. Der gerade erst mit den "Toten Hosen" den EM-Hit 2012 landete. Obwohl seine Band schon 30 Jahre alt ist. Ein Rückblick.

Felicitas Kock

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Musician Geldorf and Campino lead singer of German punk-rock band 'Die Toten Hosen' attend a news conference in Berlin

Quelle: REUTERS

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Andreas Frege wird 50. Andreas wer? Na, Campino. Der Mann, dessen Punkrock-Karriere nicht daran gelitten hat, dass er den gleichen Namen trägt wie ein rosa-weißes Lutschbonbon. Der gerade erst mit den "Toten Hosen" den EM-Hit 2012 landete. Obwohl seine Band schon 30 Jahre alt ist. Für die wenigen, die nur das Bonbon kennen: Hier eine kleine Lektion in Sachen deutsche Musikgeschichte. Für alle anderen: ein Rückblick.

Am 22. Juni1962 wird in Düsseldorf Andreas Frege geboren. Der Vater ist Richter, die Mutter eine aus England stammende Lehrerin. Von ihr bekommt er die Liebe zum Englischen mit auf den Weg - inzwischen zeigt sich das vor allem in einer ausgeprägten Leidenschaft für den FC Liverpool. 

Text: Felicitas

Bildauswahl: Carolin Gasteiger

Auf dem Foto sitzt Campino 2009 in Berlin bei einer Pressekonferenz zu einer Kampagne gegen Armut neben Bob Geldof.

DIE TOTEN HOSEN CAMPINO

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Im Gymnasium trifft der wenig Lernbegeisterte - Zitat: "Ich hatte es nicht einfach mit der Schule, die Schule nicht mit mir" - nach ein paar Ehrenrunden auf Michael Breitkopf, kurz "Breiti". In der Nachbarschaft wohnt außerdem Andreas "Andi" Meuerer - ebenfalls ein späterer Bandkollege.

Außerhalb des Klassenzimmers lernt er einen weiteren Freund fürs Leben kennen: den Punkrock. Seine erste Band "ZK" gründet sich 1978. Vier Jahre später werden "Die Toten Hosen" geboren.

Foto: Campino 2002 beim Gurtenfestival in Bern.

"Die toten Hosen" demonstrieren nackt gegen den Verkauf von Pelzen, 2002

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Die ersten Singles "Wir sind bereit" und "Reisefieber" werden eingespielt, dann begibt sich die Band auf eine erste kleine Deutschlandtour. Sie besteht zu diesem Zeitpunkt aus Trini Trimpop am Schlagzeug, Andi am Bass, Kuddel, Breiti und Walter November an der Gitarre. Campino singt. Für Trini springt später Wölli ein, für diesen wiederum Vom. Nach verschiedenen Personalveränderungen sehen die "Hosen" so aus wie im Bild.

Foto: "Die Toten Hosen" lassen sich 2002 nackt für die Tierschutzorganisation Peta ablichten. Vorne von links: Campino, Breiti und Vom. Hinten von links: Kuddel und Andi.

TOTE HOSEN "GEHEIMKONZERT"

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"Bommerlunder"-Zeit: Zur dritten Single drehen Campino und die "Hosen" gemeinsam mit Regisseur Kurt Raab und Schauspielerin Marianne Sägebrecht ein Video in einer bayerischen Kirche. Das Video darf im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht gezeigt werden, die Kirche wird auf Forderung der empörten Gemeinde neu geweiht.

Spätestens jetzt sind die Hosen als Randaletruppe bekannt - und Campino als ihr unbestrittener Anführer.

Foto: Campino bei einem Geheimkonzert 1998 in München. Die Band tritt in dieser Zeit häufig unter dem Pseudonym "Die Rheinpiraten aus Düsseldorf" auf.

"TOTE HOSEN"

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Der musikalische Durchbruch lässt nicht mehr lange auf sich warten: 1988 veröffentlichen Campino und seine Rheinpiraten das Album "Ein kleines bisschen Horrorshow". Es enthält Teile ihrer Bühnenmusik zu Bernd Schadewalds Inszenierung von "A Clockwork Orange" in Bad Godesberg. Die Single "Hier kommt Alex" wird zum Riesenerfolg - es soll nicht der einzige bleiben.

In den kommenden Jahren folgen Lieder wie "Alles aus Liebe" oder "Bonny und Clyde", der Kassenschlager "Zehn kleine Jägermeister" und Hymnen wie "Viva La Revolution".

Foto: "Die Toten Hosen" 1996.

TOTE HOSEN CAMPINO

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Der Tiefpunkt: Ihr tausendstes Konzert wollen "Die Toten Hosen" gebührend feiern. Am 28. Juni 1997 laden sie ins Rheinstadion, es kommen 60.000 Fans. Während des Auftritts ballen sich die Massen vor der Bühne, eine junge Frau kommt im Gedränge ums Leben. Die Band erhält von Polizei und Feuerwehr die Anweisung, weiterzuspielen - andernfalls befürchten die Einsatzkräfte eine Massenpanik mit noch schlimmeren Folgen.

Nach dem Konzert sagt die Band alle weiteren Konzerte ab. Der Schock sitzt tief, Campino bezeichnet den Auftritt in Düsseldorf heute als den schlimmsten seines Lebens.

Foto: Ein Ordner hilft einer jungen Frau beim Konzert im Rheinstadion 1997 aus der Menschenmenge.

TOTEN HOSEN

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Nach einigen Monaten Pause bekommt die Band das Angebot, an einer Tour teilzunehmen, bei der sie nur vor kleinem Publikum auftreten soll. Sie nimmt an und wagt damit den Schritt zurück auf die Bühne.

Auf dem nächsten Album "Unsterblich" (1999) geht es mehr als zuvor um die Suche nach dem Sinn des Lebens und den Tod. Die Hosen sprechen in ihrer Biographie vom "Versuch, die Unbekümmertheit früherer Jahre mit tiefer schürfenden Texten zu paaren".

Foto: "Die Toten Hosen" 1999.

CAMPINO

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Ob in Songtexten, auf Demonstrationen oder bei Konzerten für Castor-Gegner: Mit seiner politischen Einstellung hat Campino nie hinter dem Berg gehalten. Die "Hosen" singen gegen Nazis (man höre zum Beispiel: "Sascha...ein aufrechter Deutscher"), gegen das Establishment ("Friss oder Stirb") und bleiben dabei immer schön links von der Mitte.

Auf ihrer Homepage wirbt die Band für die Hilfsorganisation Oxfam und den Förderverein Pro Asyl.

Foto: Campino im Oktober 2000 bei einer Demonstration gegen Rechtsextremismus in Düsseldorf.

TOTE-HOSEN-TRIKOT FÜR FORTUNA DÜSSELDORF

Quelle: DPA/DPAWEB

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Und abgesehen von der Musik ist da natürlich noch der Fußball. Mit dem aktuellen Bundesliga-Aufsteiger Fortuna Düsseldorf verbindet Campino eine besonders innige Freundschaft. Immer wieder springen "Die Toten Hosen" fördernd ein, 2001 bewahren sie den Verein mit einer Millionenspende vor dem Entzug der Lizenz. Dafür wird die Mannschaft in der folgenden Saison ein Totenkopf-Zeichen auf der Brust tragen.

2012 bejubelt Campino im Stadion den Einzug der Fortuna in die erste Bundesliga. Kurz vor Ende des Relegationsspiels stürmen die Düsseldorfer Fans das Spielfeld.  Da sei ihm "natürlich auch das Herz in die Hose gerutscht", sagt der Sänger in einem Radiointerview. Als gefährlich betrachtete er die Situation jedoch nicht: "Das war Doofheit, hat aber mit Aggression überhaupt nichts zu tun".

Mit dem Lied "Tage wie diese" singen die Hosen die Aufstiegshymne - und den beliebtesten EM-Song der Deutschen 2012.

Foto: Campino im Juli 2001 bei der Vorstellung der neuen Trikots von Fortuna Düsseldorf zwischen den beiden Spielern Goran Vucic (links) und Marc Sesterhenn.

Jahresrueckblick: Theaterdonner dank Lawinky

Quelle: ddp

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Eine weitere Facette des Andreas Frege zeigt sich 2006, als er die Rolle des Mackie Messer in Klaus Maria Brandauers Inszenierung der "Dreigroschenoper" übernimmt. 45 Mal ist der Admiralspalast in Berlin ausverkauft, die Hauptstadtpresse spekuliert bereits, ob Campino dartin seine Berufung für die Zeit nach den "Toten Hosen" gefunden habe. "Man soll nie nie sagen", antwortet Campino, als er im Interview nach einer möglichen Schauspielkarriere gefragt wird.

Foto: Campino in der Rolle des Mackie Messer neben Schauspielerin Birgit Minichmayr in Klaus Maria Brandauers "Dreigroschenoper".

TIL SCHWEIGER UND KARINA KRAWCZYK

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Mit dem Ende der "Dreigroschenoper"-Auftritte muss Campino ein weiteres Ende verkraften: Seine Beziehung zu Schauspielerin Karina Krawczyk geht in die Brüche. Die beiden haben einen gemeinsamen Sohn, Lenn Julian.

Foto: Karina Krawczyk stellt 1998 gemeinsam mit Til Schweiger ihren Film "Der Eisbär" vor.

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Quelle: AFP

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Zwei Jahre nach seinem Erfolg als Mackie Messer wagt sich der Hosen-Frontmann erneut an die Schauspielerei. In Wim Wenders' "Palermo Shooting" verkörpert er den Fotografen Finn, der sich auf die Suche nach dem Sinn des Lebens begibt. Der Film wird von Kritikern überwiegend gelobt.

Foto: Campino mit Schauspielkollegen aus dem Film "Palermo Shooting", Milla Jovovich und Dennis Hopper, bei den Filmfestspielen in Cannes 2008.

Tote Hosen brechen Rekorde

Quelle: dpa

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Trotz Ausflügen in andere Genres: Am Ende wird Campino wohl immer der Frontmann der "Toten Hosen" bleiben. Die Band feierte in diesem Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum, für Andreas Frege ist es das 50-jährige. Was kann da noch kommen?

Foto: Campino 2008 bei einem Auftritt in Mannheim.

Rock am Ring

Quelle: dapd

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Einiges. Dass er die Massen nach wie vor begeistern kann, zeigte er noch kurz vor seinem 50. Geburtstag in aller Deutlichkeit. Ob durch gewagte Stagediving-Aktionen bei Rock am Ring oder mit der Hymne "Tage wie diese". In Interviews sagt Campino gerne, er hoffe, dass die Toten Hosen ihr bestes Lied noch nicht geschrieben haben.

Foto: "Die Toten Hosen" 2012 bei Rock am Ring.

© Süddeutsche.de/cag/ihe/rus
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