"By the sea" im Kino:Hollywoods Traumpaar in der Ehekrise

"By the sea" im Kino: Hübsche Fassade, doch dahinter: gähnende Leere. Brad Pitt und Angelina Jolie räkeln, trinken und schwadronieren sich durch "By the Sea".

Hübsche Fassade, doch dahinter: gähnende Leere. Brad Pitt und Angelina Jolie räkeln, trinken und schwadronieren sich durch "By the Sea".

(Foto: Universal)

In "By the Sea" inszenieren Brad Pitt und Angelina Jolie eine gescheiterte Beziehung. Das Ergebnis: hohle Peep-Show statt ergreifendem Drama.

Filmkritik von Susan Vahabzadeh

Eine ordentliche Dosis Glamour ist im Kino nie verkehrt, und der Anfang von "By the Sea" ist in dieser Hinsicht ganz und gar vielversprechend. Ein Sportwagen, ein stylisches Modell aus den Siebzigerjahren, rauscht eine sich windende Küstenstraße entlang, und das Meer glitzert in der Sonne, als wolle es dem Paar im Auto Konkurrenz machen, was in diesem Fall ganz und gar unmöglich erscheint: Es sind, in voller Seventies-Montur, Brad Pitt und Angelina Jolie, die jetzt zwei Stunden lang Roland und Vanessa heißen werden.

Und wenn Angelina Jolie - Angelina Jolie Pitt, steht im Vorspann - dazu selbst das Drehbuch geschrieben hat und Regie führt, dann schwingt da natürlich mit, dass dieser Film Einblicke gewähren wird, die den Paparazzi verwehrt bleiben. Daraus wird aber nichts. "By the Sea" ist vielleicht Selbstinszenierung, und die lässt ja immer auf irgendeine Art tief blicken; alles andere aber ist bloße Prätention. "By the Sea" ist so eine Art Potemkinsches Dorf unter den Filmen.

Die beiden richten sich dann in der Suite eines etwas heruntergekommenen Luxushotels ein, an der südfranzösischen Küste, die hier von Malta gespielt wird, aber das macht nichts: Hier tut ja auch amerikanisches Kino so, als sei es französisch. Pitts Roland ist ein Schriftsteller, der nicht schreibt, was ganz gut dazu passt, dass Jolies Vanessa eine an der Liebe leidende Ehefrau ist, die nicht liebt.

Es geht kühl zu in der Sommerhitze, er geht zum Schreiben in eine Bar, wo er mit deren Besitzer Michel (Niels Arestrup) trinkt und erzählt, wie seine Ehe mit den Jahren den Bach hinunterging. Vanessa, sagt er zu seinem neuen Kumpel, sei" anbetungswürdig", adorable, er sagt das auf Französisch. Interessante Wortwahl. Es geht hier tatsächlich mehr um Anbetung als um Liebe.

Während er sich volllaufen lässt, übt sie sich im Alleinsein und schaut einem Fischer zu, der jeden Tag aufs Meer fährt und abends kaum Fische mitbringt. Nach einer Weile entdeckt sie ein Loch in der Wand, also beginnt sie, das junge Paar auf Hochzeitsreise im Nachbarzimmer zu beobachten, Léa (Mélanie Laurent) und François (Melvil Poupaud).

Hinter der hübschen Fassade herrscht gähnende Leere

Roland und Vanessa befinden sich in einer Ehekrise, die sich überwiegend dadurch äußert, dass sie keinen Sex mehr haben - darüber, dass sie sonst so gar nichts miteinander anfangen können, geht der Film großzügig hinweg. Dieses Guckloch in der Wand ist eigentlich eine schöne Idee - aus der dann aber auch wieder nicht viel wird, denn Roland und Vanessa finden zwar vor dem Guckloch wieder zusammen; aber das andere Paar beobachten sie dann auch wieder nur beim Sex.

In tiefere psychologische Schichten dringt die Geschichte, die sich Angelina Jolie ausgedacht hat, nicht vor. Was nach einer halben Stunde nur noch gepflegte Langeweile verbreitet - obwohl, ja, sie steigen dann mal zusammen in die Badewanne. Was aber beim US-Start kaum jemanden ins Kino lockte. Bei so viel ausgestelltem Privatleben wie bei Brangelina kommt es vielleicht auf ein bisschen Planschen auch nicht mehr an. Der Peep-Show-Effekt verpufft, und als Ehedrama ist "By the Sea" recht dünn. Es geht dem Film wie dem Fischer: weite Reise, kaum was gefangen.

"By the Sea" hat eine hübsche Oberfläche, alles sieht ganz toll aus; aber hinter der Fassade herrscht gähnende Leere. Und manchmal, das ist dann richtig schlimm, wird es unfreiwillig komisch, was allen Regungen, dem behaupteten Drama Mitgefühl entgegenzubringen, den Garaus macht.

Jolies Darbietung ist eine Aneinanderreihung von Pin-up-Posen

Angelina Jolie ist, auch wenn ihre Fans das nicht hören wollen, keine gute Schauspielerin. Am besten kann sie überspannt wirken, und das tut sie hier durchgehend. Unter ihrer eigenen Regie wirkt sie zwei Stunden lang in jeder Einstellung affektiert.

Ihre Vanessa ist eine nicht enden wollende Aneinanderreihung von Pin-up-Posen - selbst wenn diese Frau allein im Hotelzimmer vor sich hinweint, drapiert sie sich dafür aufs Bett wie eine Diva. Wie albern. Das restliche Personal schlägt sich eben so durch. Brad Pitt beispielsweise, den sie, mit Koteletten und Whiskyglas in der Hand, wahrlich nicht aussehen lässt wie einen ersten Preis, bewegt sich nachgerade stoisch durch diesen Film - wie ein Mann, der weiß, dass er jetzt da durch muss.

Es wäre schon deswegen wünschenswert gewesen, dass mehr dabei herauskommt, weil Jolie einer der wenigen weiblichen Stars ist, die es hinter die Kamera geschafft haben. Hollywood hat, das ist in den letzten Monaten oft diskutiert worden, nur wenige Filmemacherinnen hervorgebracht - und "By the Sea" sieht ein bisschen so aus, als hätte ein misogyner Produzent den Film als Beweisstück anfertigen lassen, dass es auch besser so bleiben sollte.

By The Sea; Film

Künstliche Pin-up-Posen statt ergreifendem Schauspiel: Angelina Jolie in "By the Sea".

(Foto: Universal Pictures International)

Hollywood vertraut weniger auf Qualität als auf den Bekanntheitsgrad der Stars

Und der Teil ist nicht mehr zum Lachen - schon Jolies erster Film, "In the Land of Blood and Honey", war kein Meisterstück, und dennoch hat sie nun drei Filme hintereinander gemacht, seit 2011. Es gibt kaum eine andere Regisseurin, die es schafft, so kontinuierlich zu arbeiten. Da läuft dann irgendetwas schief - sie bringt diese Projekte aus den falschen Gründen durch, aus einer Berühmtheit heraus, die mit Regieführen gar nichts, am Ende aber sogar mit Kino nur wenig zu tun hat.

Was ein Hollywood-Problem ist, das gar nicht nur mit Frauen zu tun hat, sondern mit dem veränderten Star-Begriff. Der Ruhm des Paares Jolie-Pitt hat sich längst verselbständigt. Er basiert auf einer Selbstinszenierung, mit den Filmen, die sie machen, hat er nur noch sehr wenig zu tun, eher mit Klatschspaltenfutter.

Das Kino verlässt sich seit jeher darauf, dass die Leute schon kommen werden, wenn auf der Leinwand Menschen zu sehen sind, die in aller Munde sind, große Leistungen, Leinwandgötter und -göttinnen. Diven sogar, die man tatsächlich nicht richtig mögen, aber aus der Ferne anbeten konnte. Aber sie bestanden eben aus mehr als hohlen Posen.

By the Sea, USA/Frankreich 2015 - Regie und Drehbuch: Angelina Jolie Pitt. Kamera: Christian Berger. Mit: Angelina Jolie Pitt, Brad Pitt, Niels Arestrup,. Richard Bohringer, Mélanie Laurent, Melvil Poupaud. Universal, 122 Minuten.

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