Bücher des Monats:Liebe unter Individualisten

Jackie Thomaes "Brüder" verhandelt ein Aufwachsen ohne Vater - und die Nachwende-Zeit. Christopher Isherwoods "Die Welt am Abend" sagt mehr Wahres über Menschen, Schriftsteller und Liebesbeziehungen als manches Hauptwerk.

Aus der SZ-Redaktion

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Jackie Thomae - Brüder

Jackie Thomae - Brüder

Quelle: Hanser Berlin

Ein Chaot, Partytiger und Taugenichts im Berlin der Nachwendejahre und ein superfokussierter Architekt im London des frühen 21. Jahrhunderts, der bis zum Burnout arbeitet: Diese beiden Männer kennen sich nicht, aber sie haben denselben Vater. Den sie auch nicht kennen. Dieser Vater hat in den Siebzigern in der DDR studiert, als Gaststudent aus dem Senegal. Und er hat in Leipzig und Ostberlin je eine Frau mit einem kleinen Kind zurückgelassen. Jackie Thomaes "Brüder" ist eine "Great German Novel" über die Liebe unter Individualisten, vaterloses Aufwachsen, die Nachwende-Zeit. Die Frage, welche Rolle Hautfarben im Leben spielen kommt darin vor, aber nur als ein Thema unter anderen.

Lesen Sie hier eine ausführliche Rezension von Marie Schmidt.

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Norbert Scheuer - Winterbienen

Norbert Scheuer -Winterbienen

Quelle: C.H. Beck Verlag

Unermüdlich, Roman um Roman, erzählt Norbert Scheuer von der kleinen Gemeinde Kall in der Eifel. Wobei sich der Blick von dort aus weitet und auf das ganze Universum richtet. Die Geschichte seines jüngsten Buches spielt in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs, der Held ist Epileptiker, von der Eugenik der Nazis bedroht und vom Kriegsdienst entbunden. Er pflegt seine Bienenvölker und beobachtet das Näherrücken des Luftkriegs. Die Bienen und die Bomber - das ist nur eine der metaphorischen Verbindungen, die das Besondere von Scheuers literarischer Welt ausmachen.

Lesen Sie hier eine ausführliche Rezension von Hubert Winkels.

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Christopher Isherwood - Die Welt am Abend

Christopher Isherwood - Die Welt am Abend

Quelle: Hoffmann und Campe

Wenn etwas so gezielt Kitsch ist, dass es schon wieder Kunst ist, nennt man es Camp. Als sie diesen Begriff mit ihrem Essay "Notes on Camp" etabliert hat, bezog Susan Sontag ihre Idee aus einer "Zwei-Seiten-Skizze in Christopher Isherwoods 'Welt am Abend'". Zum ersten Mal kann das deutschsprachige Publikum jetzt nachlesen, was es damit auf sich hat. Hans-Christian Oeser hat das 1954 im Original erschienene Buch endlich übersetzt. Es ist ein Roman, dessen Hauptfigur über weite Strecken der Handlung im Bett liegt, der aber trotzdem mehr Wahrheit über Menschen, Schriftsteller und Liebesbeziehungen enthält, als manches Hauptwerk.

Lesen Sie hier eine ausführliche Rezension von Jan Kedves.

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Thomas Pletzinger - The Great Nowitzki

Thomas Pletzinger - The Great Nowitzki

Quelle: Kiepenheuer & Witsch

"Nowitzki brachte sich und seine Wurfhand in dem genau richtigen Sekundenzehntel unter den steigenden Ball, er machte sich den Schwung zu eigen, Tak-tadamm, ein perfekter Daktylus, der Ball wog jetzt nichts mehr, fast nichts zumindest, er arbeitete Nowitzki zu" - das literarische Genre des "sports writing" gab es in Deutschland bisher nicht. Jetzt gibt es Thomas Pletzingers Buch über den Basketball-Spieler Dirk Nowitzki. Ein Text, der nicht nur das Erlebnis des Sports beschreibt, sondern selbst ein Erlebnis sein will.

Lesen Sie hier mit SZ Plus eine ausführliche Rezension von Felix Stephan.

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Juan Moreno - Tausend Zeilen Lügen

Juan Moreno - Tausend Zeilen Lüge

Quelle: Rowohlt

Wie dem freien Reporter Juan Moreno Unstimmigkeiten in den Texten des Spiegel-Shooting Stars Claas Relotius auffallen, wie er gegen den harten Widerstand seiner Vorgesetzten und Kollegen zu recherchieren beginnt und einen der größten Medienskandale der Nachkriegszeit aufdeckt, das liest sich wie ein Thriller. Aber auch seine Erklärungen, wieso genau dieser Fälscher so erfolgreich sein konnte, sagen viel aus über die Erwartungen des Publikums an die Medien heute, und über die Erwartungen des Journalismus an sein Publikum.

Lesen Sie hier eine ausführliche Rezension von Ralf Wiegand.

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Armin Nassehi - Muster. Eine Theorie der digitalen Gesellschaft

Armin Nassehi - Muster

Quelle: C.H. Beck Verlag

Warum sich die Digitalisierung nicht so disruptiv zur Moderne verhält, wie über sie gesprochen wird, ja warum die "neuen Technologien" so neu überhaupt nicht sind, erklärt der Soziologe Armin Nassehi in seiner Theorie der digitalen Gesellschaft. In bewährter systemtheoretischer Manier stellt er die Frage: Was ist eigentlich das Problem, für das die Digitalisierung eine so überzeugende Lösung ist, dass sie unser ganzes Leben bestimmt? Das Problem ist die funktionale Differenzierung der Gesellschaft, also das Nebeneinander verschiedener Lebensbereiche und Wissenskulturen, über die erst durch Datensammlungen wieder ein Überblick möglich wurde. Das Datensammeln, argumentiert Nassehi, ist weit älter als Smartphones und sozialen Plattformen. Sie sind nur die praktischste Form dafür.

Lesen Sie hier eine ausführliche Rezension von Steffen Martus.

© SZ.de/qli/cag
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