Bücher des Monats:Macht und Mensch

Lesezeit: 2 Min.

(Foto: Bearbeitung: SZ)

Selbstbezogene Yoga-Positionen, die komplexen Zusammenhänge des Systems Putin und die Frage, was das Leben lebenswert macht: Das sind die Bücher des Monats.

Von SZ-Autoren

Emmanuel Carrère: Yoga

(Foto: N/A)

Wie soll ich leben? Bin ich aufrichtig? Entlang dieser moralischen und existenziellen Entscheidungen bewegt sich Emmanuel Carrères neuer Roman. Nicht zum ersten Mal schreibt Carrère mit einer ins Extrem getriebenen Selbstbezogenheit. Und entwickelt dabei einen Sog aus Fragen, die das Schöne und das ethisch Allgemeine ins Individuelle ziehen und einer reflexiven Dauerbearbeitung aussetzen. Dabei ist er auf der Suche nach Wahrheit: "Was ich schreibe, mag narzisstisch und sinnlos sein, aber ich lüge nicht."

Eine ausführliche Rezension finden Sie hier.

Heike Geißler: Die Woche

(Foto: N/A)

Ein an der Gegenwart leidendes Kollektiv wortgewandter Midlife-Rebellinnen, das überall Katastrophen riecht, steht im Zentrum von "Die Woche". Der politische Großstadtflaneusenroman fängt ein Leipzig-Gefühl ein wie kein anderer zuvor und vermischt die alten Stoffe und zeitlose Themen mit den für diese Stadt typischen Aporien: Links-rechts-Folklore, subkulturelle Systemkritik und Joie de vivre im Altbau mit Stuck. Ein vorsichtig tastender, kursorischer Roman, der sich manchmal liest wie ein Manifest für Ambivalenz.

Eine ausführliche Rezension finden Sie hier.

Joseph Henrich: Die seltsamsten Menschen der Welt

(Foto: N/A)

Nicht erst seit Russlands Angriffskriegs auf die Ukraine steckt "der Westen" in einer Identitätskrise. Die Grundidee des in Harvard lehrenden amerikanischen Evolutionspsychologen Joseph Henrich betrachtet das aus psychologischer Perspektive und diagnostiziert die "W.E.I.R.D-People" , also Western, Educated, Industrialized, Rich und Democratic - westlich, gebildet, industrialisiert, reich und demokratisch. Als Adjektiv bedeutet "weird" wiederum so viel wie seltsam oder sonderbar. Henrich versucht letztlich (globalisierungs-)kritisch, den Westen zu sensibilisieren: "Die seltsamsten Menschen der Welt" sollte Pflichtlektüre sein für alle westlichen Diplomatinnen und Außenpolitiker.

Eine ausführliche Rezension finden Sie hier.

Barbara Schmitz: Was ist ein lebenswertes Leben?

(Foto: N/A)

Wann ist ein Leben lebenswert? Philosophin Barbara Schmitz kritisiert: Diese Frage wird von der Philosophie vernachlässigt. Sie plädiert dafür, öfter Menschen mit Behinderung, Krankheit und Suizidgedanken zuzuhören und von ihnen zu lernen.

Ein Interview mit Barbara Schmitz zu ihrem Buch finden Sie hier.

Catherine Belton: Putins Netz

Catherine Belton: Putins Netz - Wie sich der KGB Russland zurückholte und dann den Westen ins Auge fasste. Aus dem Englischen von Elisabeth Schmalen und Johanna Wais. Harper Collins, Hamburg 2022. 704 Seiten, 26 Euro. (Foto: Harper Collins)

Die ganze Welt sucht gerade nach einer Erklärung für das System Putin. Aufklärung im besten Sinne verspricht hier die fundierte Analyse der britischen Finanzexpertin Catherine Belton, deren Buch "Putins Netz" gerade das Werk der Russland-Exegese darstellt. Sie zeigt auf, wie Geheimdienstler rund um Wladimir Putin seit Jahrzehnten daran arbeiteten, sich den Staat und sein Kapital untertan zu machen - und letztlich eine Art Kleptokratie erschufen. Und wie der Westen daran gut verdiente, weil man lieber nicht so genau hinsah, was in Russland passierte. Dafür muss man sich durch komplexe Zusammenhänge wühlen, aber danach sind alle Leser klüger.

Eine ausführliche Rezension finden Sie hier.

Rita Süssmuth: Parität jetzt

Rita Süssmuth: Parität jetzt! Wider die Ungleichheit von Frauen und Männern. Eine Streitschrift. J.H.W. Dietz Nachf., Bonn 2022. 128 Seiten, 16,80 Euro. (Foto: Dietz Verlag)

Die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) war schon zu ihrer aktiven Zeit immer für ihre Mahnungen zu mehr gesellschaftlichem Aufbruch und unbequeme Worte in Richtung ihrer eigenen Partei bekannt. Nun ist sie gerade 85 Jahre alt geworden - und denkt nicht daran, ein bisschen leiser zu werden. In ihrer Streitschrift fordert sie die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe von Mann und Frau - und noch viel mehr: "Jetzt sind wir dran, eine Welt, die immer noch von alten Machtstrukturen beherrscht wird - von Gewalt, Krieg und Zerstörung, Folter und Mord, Flucht und Vertreibung -, umzukrempeln und gleichzeitig eine Neuausrichtung zu schaffen."

Eine ausführliche Rezension finden Sie hier.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusEmmanuel Carrères Roman "Yoga"
:Erlösung vom Ich-Zwang

Emmanuel Carrère wurde mit Romanen berühmt, die Weltgeschichte als Nabelschau erzählten. In seinem neuen Roman "Yoga" treibt er das Verfahren auf die Spitze.

Von Hubert Winkels

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: