Süddeutsche Zeitung

Bücher des Monats:Eine Klasse für sich

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Von renitenten Monarchen und hoffnungslos Verliebten: Die Bücher des Monats.

Von SZ-Autoren

Simone de Beauvoir: Die Unzertrennlichen

Von den großen Liebesbeziehungen im Leben der Simone de Beauvoir ist vor allem jene zu Jean-Paul Sartre in die Emotionsgeschichte eingegangen. Dabei war das nur die zweitwichtigste. In ihrer Autobiografie "Memoiren einer Tochter aus gutem Hause" schrieb sie über Sartre voller Zuneigung und Hochachtung. Die schwärmerischen Passagen aber galten Elizabeth "Zaza" Lacoin, einer Freundin aus Schulzeiten. Im Nachlass der Philosophin ist jetzt ein autofiktionaler Roman über diese Beziehung aufgetaucht, der unter anderem zeigt, warum de Beauvoir nicht nur eine der einflussreichsten Denkerinnen ihres Jahrhunderts war, sondern auch als Erzählerin eine Klasse für sich.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Felix Stephan.

Grit und Niklas Poppe: Die Weggesperrten

Um eine Gesellschaft zu verstehen, hilft es oft, sich anzusehen, wie sie mit ihren Kindern umgeht. Ein besonders düsteres Thema ist dabei das der Jugendheime der frühen BRD und DDR. Die Autorin Grit Poppe hat darüber einen viel beachteten Jugendroman ("Weggesperrt") geschrieben. Nun hat sie mit ihrem Sohn Niklas zusammen eine Dokumentation vorgelegt über Umerziehungsheime, Spezialkinderheime und Jugendwerkhöfe in der DDR. Viele Interviewte sprechen hier über ihre verlorene Kindheit und ihre Traumata, die über Jahrzehnte bestehen bleiben, und das Desinteresse einer Gesellschaft, die lange nichts vom Schicksal dieser Weggesperrten hören wollten. Das Buch macht auf diese Weise Erziehungsmuster und Erziehungsziele sichtbar, die längst nicht nur Heimkinder betreffen. Ergreifend.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Viktoria Großmann.

Stephan Malinowski: Die Hohenzollern und die Nazis

Vor fünf Jahren wurde der Historiker Stephan Malinowski von der Regierung des Landes Brandenburg beauftragt, ein "Gutachten zum politischen Verhalten des ehemaligen Kronprinzen Wilhelm Prinz von Preußen (1882-1951)" zu schreiben. Es ging um die Frage, ob der Kronprinz der Errichtung und Festigung des nationalsozialistischen Regimes "erheblichen Vorschub" geleistet hatte. Das Gutachten sollte helfen, die Entschädigungsansprüche zu bewerten, die die Familie Hohenzollern für Enteignungen durch die sowjetische Besatzungsmacht zwischen 1945 und 1949 geltend gemacht hat. Nach dem Ausgleichsleistungsgesetz von 1994 sind diese Forderungen nur aussichtsreich, wenn die Frage verneint wird. Jetzt hat Malinowski ein wegweisendes Buch über die Hohenzollern und die Nazis veröffentlicht, das sein Argument unterfüttert und für das allgemeine Publikum zugänglich ist.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Lothar Müller.

Emine Sevgi Özdamar: Ein von Schatten begrenzter Raum

Die Bücher von Emine Sevgi Özdamar liest man nicht einfach nur, man macht damit Erfahrungen: die von sternklarer Einsamkeit, von Zorn, Begehren, Trauer. Ihr Stoff ist ihr Leben, die Form die eines Romans, aber auch einer Sammlung von geliebten Gedichten und Texten, einer Assemblage. Achtzehn Jahre sind vergangen seit ihrem letzten Roman, in der Zwischenzeit hat es einen Literaturskandal gegeben, der ihr die Sprache geraubt hat. Jetzt ist Emine Sevgi Özdamars Schreiben wieder da. Eine Legende.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Marie Schmidt.

Magnus Brechtken (Hg.): Aufarbeitung des Nationalsozialismus

Wie steht es um die wissenschaftliche Aufarbeitung des Nationalsozialismus? Wo steht die historische Forschung gerade? Diese Mammutaufgabe haben sie der stellvertretende Direktor des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, Magnus Brechtken, zusammen mit 29 renommierten Kolleginnen und Kollegen vorgenommen. Die 30 Aufsätze ergeben eine faszinierendes Kompendium, das seinesgleichen sucht. Untersucht wird der Nationalsozialismus in all seinen Aspekten, der schwierige Beginn der Aufarbeitung nach 1945, der Gang der Holocaustforschung oder auch der Umgang mit dem Dritten Reich in Büchern und Filmen. Wer sich fundiert etwa über den "Historikerstreit" von 1986 informieren will, ist hier genauso richtig wie jemand, der Argumente sucht für die aktuelle Debatte über Kolonialismusverbrechen und die Einzigartigkeit der Judenvernichtung.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Knud von Harbou.

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