Bücher des Monats:Eine Abschiedshymne auf das unvorsichtige Leben

Thorsten Nagelschmidt feiert das Berliner Nachtleben vor Corona und Mary MacLane ist die literarische Wiederentdeckung der Saison: die besten Bücher im Mai.

Aus der SZ-Literaturredaktion

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Martha Nussbaum - Kosmopolitismus

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Quelle: Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Theiss Verlag

Alle Menschen sind gleich geboren, aber sie sind nicht in die gleichen Lebensbedingungen hineingeboren. Die Widersprüche, die dadurch entstehen, haben einem liberalen, weltbürgerlichen Denken immer zu schaffen gemacht. Die US-amerikanische Philosophin Martha Nussbaum schlägt deshalb einen revidierten Kosmopolitismus vor, dem es darum gehen würde, allen Menschen einen bestimmten Katalog von Möglichkeiten zu verschaffen.

Martha Nussbaum: Kosmopolitismus. Revision eines Ideals. Aus dem Englischen von Manfred Weltecke. Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Theiss Verlag, Darmstadt 2020. 352 Seiten, 30 Euro.

Lesen Sie in der ausführlichen Rezension von Gustav Seibt auch, wie sich die Probleme des Kosmopolitismus in der Corona-Krise zeigen.

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Thorsten Nagelschmidt - Arbeit

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Quelle: S. Fischer Verlag

Der neueste Roman über das weltberühmte Berliner Nachtleben heißt "Arbeit". Thorsten Nagelschmidt, Schriftsteller und Texter der Band "Muff Potter", schreibt über den Schichtdienst im System "Ausgehen": Taxifahrer, Dealer, Türsteher, Kiosk-Betreiberinnen lässt er sprechen, wie einer, der ihnen lange zugehört hat. Ein Buch, das sich in diesem Frühjahr liest wie eine Abschiedshymne auf das wunderbar distanzlose, unvorsichtige Leben von einst.

Thorsten Nagelschmidt: Arbeit. Roman. S. Fischer, Frankfurt am Main 2020. 336 Seiten, 22 Euro.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Patrick Bauer.

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Mary MacLane - Ich erwarte die Ankunft des Teufels.

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Quelle: Reclam Verlag

"Sie dürfen das Bild vorne in diesem Buch betrachten und bewundern. Es ist das Bild eines Genies - eines Genies mit einem guten, starken, jungen Frauenkörper, - und im Inneren des abgebildeten Körpers befindet sich eine Leber, eine MacLane-Leber, von bewundernswürdiger Perfektion": So schrieb die 19-jährige Mary MacLane 1901, also zu einer Zeit, als Skandalautorin und freche junge Frau noch kein erwünschter Beruf für eine Frau war. Ihr Debüt "Ich erwarte die Ankunft des Teufels" ist die Wiederentdeckung der Saison.

Mary MacLane: Ich erwarte die Ankunft des Teufels. Aus dem Amerikanischen übersetzt und mit einem Nachwort von Ann Cotten. Reclam Verlag, Leipzig 2020, 206 Seiten, 18 Euro.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Insa Wilke.

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Anne Weber - Annette, ein Heldinnenepos

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Quelle: SZ

Anne Beaumanoir, geboren 1923, war humanistische Abenteurerin, Résistance-Kämpferin, Kommunistin und setzte sich gegen den Algerienkrieg ein. Diese Frau hat die deutsch-französische Schriftstellerin Anne Weber getroffen, hat ihre Biografie gelesen und ihr Leben zu einem Roman in Versen umgearbeitet, der in jeder Hinsicht außergewöhnlich ist.

Anne Weber: Annette, ein Heldinnenepos. Matthes & Seitz, Berlin 2020. 208 Seiten, 22 Euro.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Joseph Hanimann.

5 / 6

Olivia Wenzel - 1000 Serpentinen Angst

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Quelle: S. Fischer Verlag

Die Erzählerin dieses Buches sieht sich dreifach marginalisiert: als Frau, als Schwarze, als Ostdeutsche. Aber vom Kapitalismus, der Ausgrenzung verlangt und verschlimmert, profitiert sie eher, sozial gesehen führt sie ein privilegiertes Leben. Vom Ringen damit, gleichzeitig Unterdrückerin und Unterdrückte zu sein, erzählt Olivia Wenzel in "1000 Serpentinen Angst". Wie der Selbstwiderspruch da in Dialogform gebracht ist, macht ihren Debütroman sehr überzeugend.

Olivia Wenzel: 1000 Serpentinen Angst. S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 2020. 352 Seiten, 21 Euro.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Felix Stephan.

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Heinrich Detering - Menschen im Weltgarten

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Quelle: Heinrich Detering; Wallstein Verlag

Bevor sich die Naturwissenschaft von der Geistesgeschichte unabhängig machte, schrieb die Literatur mit an der Geschichte der Natur, am Wissen um die Ökologie (ohne dass es den Begriff schon gegeben hätte). Haller, Brockes, Lichtenberg, Linné, Novalis, Goethe - das sind die Gewährsleute für Heinrich Deterings Literaturgeschichte dieser Ära. Und mit Humboldts "ökologischer Poetik" leitet er dann in die literarische und wissenschaftliche Moderne über.

Heinrich Detering: Menschen im Weltgarten. Die Entdeckung der Ökologie in der Literatur von Haller bis Humboldt. Wallstein Verlag, Göttingen 2020. 458 Seiten, 36,90 Euro.

Lesen Sie hier die ausführliche Rezension von Christoph Bartmann.

© SZ.de/luch
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