Bücher des Monats:Von Gott und Katastrophen

Bücher des Monats: undefined

Kreisen um Gedächtnis, Erinnerungskultur und Glaube: Die Bücher des Monats Januar - Empfehlungen der SZ-Redaktion.

Navid Kermani: Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen. Fragen nach Gott.

Bücher des Monats: undefined
(Foto: Hanser)

Papa, erklär mir den Islam. Und Navid Kermani tut es. Beschreibt seiner im katholischen Köln aufwachsenden Tochter den Islam, in dem er aufgewachsen ist, erklärt ihr, dass ein Gott, der "größer" ist, immer auch über die engstirnigen Auslegungen von Fundamentalisten erhaben ist. Kermani zeigt sich als Glaubender und trotzdem Denkender, als einer, der seine Religion zeitgemäß auslegt. Einen "intimen, familiären Religionsunterricht für ein ganz modernes Mädchen", nennt Gustav Seibt das Buch, das er für die SZ rezensiert hat. Hier seine Besprechung.

Michael Wildt: "Zerborstene Zeit"

Bücher des Monats: undefined
(Foto: C.H. Beck)

Der Historiker Michael Wildt zählt zu den besten Kennern der NS-Geschichte in Deutschland. Nun hat er ein opus magnum über die etwa 30 Jahre zwischen der Revolution von 1918 und dem Zusammenbruch des NS-Staats 1945 vorgelegt. Dabei geht es ihm nicht um eine glatte Meistererzählung, sondern um den Blick und die Empfindungen der Zeitgenossen. Mit Hilfe von Tagebüchern bekannter und wenig bekannter Menschen gelingt es Wildt, ein Gespür für die Offenheit historischer Prozesse und Erfahrungen, für Brüche und Widersprüche zu vermitteln. Eine grandiose "Geschichte von unten" über das Zeitalter der Extreme, verwoben mit den großen Linien der Politik.

Eine ausführliche Besprechung finden Sie hier.

Yasmina Reza: Serge

Bücher des Monats: undefined
(Foto: Hanser)

Ganz anders "Serge": "Darf man das?", denken die einen und fragen die anderen laut, wenn sie eine Kurzzusammenfassung von Yasmina Rezas Romans lesen: Die Geschwister Popper, Nachfahren von Holocaust-Überlebenden, fahren nach Auschwitz und tun sich dort schwer, etwas zu empfinden, stolpern über das Gelände. Und obwohl "Serge" teils urkomisch ist, will die in Paris geborene Autorin ihren Roman nicht als Komödie verstanden wissen, schon gar nicht als "eine Komödie über Auschwitz", wie sie im SZ-Interview mit Johanna Adorján sagt. Was ist es dann? "Ein Meisterwerk!", findet SZ-Autor Nils Minkmar.

Hier ein Gespräch mit der Autorin - und hier die Rezension des Romans.

Abbas Khider: Der Erinnerungsfälscher

Bücher des Monats: undefined
(Foto: Hanser)

Wenn es nach Abbas Khider ginge, könnten manche Dinge einfacher sein. Deutsch etwa, vor Jahren machte in Berlin lebende Autor einen Vorschlag zur radikalen Vereinfachung der deutschen Sprache. Wie kompliziert das deutsche Einwanderungsrecht ist, weiß der aus dem Irak stammende Khider aus seiner eigenen Biografie - und auch Said weiß es, der Protagonist seines neuen Romans, der in der deutschen Hauptstadt einen zähen Kampf um seine Einbürgerung schlägt. Genauso zäh kämpft Said mit seinen Erinnerungen - er leidet an Gedächtnislücken und denkt sich bei einem behandelndem Arzt einfach Teile seiner Biografie aus. In gewisser Weise auch eine einfache Lösung - eine, die Khider aber mal dokumentarisch, mal poetisch aufschreibt. Und manchmal auch lustig, etwa wenn Said sich in einer Kneipe mit einem Nazi unterhält. Wie das möglich ist? "Das Lachen ist eine strategische Entscheidung, keine taktische", sagt Khider in einer bei einer Begegnung mit SZ-Redakteurin Sonja Zekri, "Ich will leben. Ich will 100 Jahre alt werden."

Niall Fergusons: "Doom"

Bücher des Monats: undefined
(Foto: DVA)

An der Lernfähigkeit der Menschheit sind schon viele verzweifelt - derzeit etwa ist es so faszinierend wie frustrierend, sich historische Berichte zu Impfungen und ihren Gegnern durchzulesen, etwa im Falle der Pocken Ende des 19. Jahrhunderts (Spoiler: Die sonst so aufgeklärten Skandinavier in Stockholm etwa traf die Krankheit besonders hart, als das schon längst nicht mehr sein müsste). Der britische Wirtschaftshistoriker Niall Ferguson nun hat sich den Umgang der Menschen mit weiteren Plagen angesehen, die über sie kamen - bebende Erde, Kriege, Hunger - und sich gefragt, welche Schlüsse die Menschen aus diesen Katastrophen gezogen haben und wie die auf die Corona-Pandemie anwendbar wären (Spoiler: Es ist kompliziert).

Hier eine Besprechung von "Doom".

Zur SZ-Startseite

Buch über Anne Frank
:Lückenhafte Beweisaufnahme

Wurde Anne Frank von einem Juden verraten? Ein niederländischer Verlag hat sich nun für das Buch entschuldigt, das dies behauptet. Die deutsche Veröffentlichung ist nicht abgesagt.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: