Bücher des Monats:Krisen in diesen Zeiten

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(Foto: Verlage; Bearbeitung SZ)

Politische Arbeit hinter den Kulissen, ein eindrückliches Zeitzeugnis und ein unkonventioneller Abriss über die Postmoderne: unsere Buchempfehlungen im April.

Von SZ- Autorinnen und -Autoren

Wole Soyinka: Die glücklichsten Menschen der Welt

In dem Alterswerk des 87-jährigen Wole Soyinka entführt der nigerianische Autor in verschlungene Weiten einer Geschichte, über die ein internationales Publikum wenig weiß. Zahlreiche Anspielungen auf die korrupte nigerianische Politik und die Geschichte des Landes wecken zwar keine postkolonialen Debatten des globalen Nordens, es wird jedoch über sinnlose, körperliche Gewalt erzählt, über illegalen Organhandel und moralische Deformation. Die politische Botschaft des Romans entsteht aus dem Kontrast: So bitterernst sie im Kern ist, nutzt Soyinka darum herum sich wie wild vermehrende Zeichen und Symbole genießerisch als Motiv und Quelle von Pointen.

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Lucy Fricke: Die Diplomatin

Ein Blick hinter die Kulissen der politischen Arbeit. Nach jahrelanger Recherche zu diplomatischer Arbeit im Ausland erzählt Lucy Fricke über moralische Dilemmata zwischen Menschenrechten und politischer Verantwortung. Dabei berichtet ein Handlungsstrang von der Journalistin Meşale Tolu, die in der Türkei verhaftet wurde. In Situationen der Ohnmacht recherchiert die Autorin weiter, berichtet über die engsten politischen Kreise, die soziale Herkunft und den Wunsch, zu erzählen und die Wahrheit zu sagen. In aktuellen Krisenzeiten wichtiger denn je.

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Daniel-Pascal Zorn: Die Krise des Absoluten

Der etwas rätselhafte Untertitel des Buchs "Was die Postmoderne hätte sein können" wird zu Beginn kaum erklärt und erst ganz am Ende wirklich verständlich. Es lohnt sich also, konzentriert dranzubleiben. Der Philosoph Daniel-Pascal Zorn zeichnet auf mehr als 600 Seiten eine kollektive intellektuelle Biografie von acht Philosophen und zeigt daran die Denkbewegung eines unübersichtlichen und vielfältigen intellektuellen Projekts nach, das weniger eine geschlossene Schule darstellt als einen repräsentativen Knotenpunkt im Denken unserer Zeit. Die philosophische Postmoderne wird damit zu einem tief in die Geschichte der Philosophie eingebetteten Unternehmen. Interessant dabei ist, dass Zorns Erzählung dort endet, wo der Begriff Postmoderne überhaupt erst in einen breiten Gebrauch kommt. Ein unkonventioneller Abriss eines inflationär verwendeten Begriffs.

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Imre Kertész: Heimweh nach dem Tod

Nach "Roman eines Schicksallosen", dem eindringlichen Zeugnis aus den nationalsozialistischen Vernichtungslagern, zeigt der Autor Imre Kertész in seinem Arbeitstagebuch, wie dieses entstand. Anhand von Gegenständen, Gerüchen und Eindrücken seines Alltags weckt er fest verankerte Bilder aus der Zeit in Auschwitz, die ihn dazu bewegten, seine Gefühle zu erzählen. Sein zweites Werk erscheint fließend, geht ins Ohr, und auch Form und Stil sind zugänglich. Kleine Bilder wecken große Bilder einer Zeit, die Imre Kertész als Jugendlicher in Auschwitz erlebte. Anhand der Formel der Gegenstände lockt der Autor versickernde Erinnerungen an Auschwitz hervor und erstellt ein Zeugnis über Eindrücke, die nicht vergessen werden dürfen.

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Martin Sabrow: Der Rathenaumord und die deutsche Gegenrevolution

Die Weimarer Republik fasziniert seit einiger Zeit das Lesepublikum. Es begann mit vielen wichtigen Büchern zur Revolution 1918/19 im Zuge des 100. Jubiläums. Und es geht nun weiter mit den düsteren Kapiteln der Jahre 1922/23. Der Zeithistoriker Martin Sabrow hat sich aus diesem Anlass noch einmal dem Mord an Außenminister Walther Rathenau im Juni 1924 gewidmet. Präzise zeichnet er den Hass und die Wut völkischer Kreise auf die junge Republik und deren Repräsentanten nach, analysiert die "Organisation Consul" und ihre Hintermänner und erklärt, wie aus der Niederlage im Ersten Weltkrieg der Rechtsterrorismus in Deutschland erwuchs. Und wie die Weimarer Justiz sich auf dem rechten Auge als bewusst blind erwies. Detailliert, tiefschürfend und spannend.

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Fabian Michl: Wiltraut Rupp-von Brünneck (1912 - 1977). Juristin, Spitzenbeamtin, Verfassungsrichterin

Über Verfassungsrichter werden normalerweise keine Biografien geschrieben. Wenn aber doch, kann etwas Spannendes entstehen, wie in dem Buch von Fabian Michl. Wiltraut Rupp-von Brünneck schaffte in der jungen Bundesrepublik den Aufstieg bis nach Karlsruhe - als damals erst zweite Frau überhaupt - und wurde dort für ihre liberale Haltung gepriesen. Doch die Juristin hatte bereits im Dritten Reich ihre Karriere begonnen, und obwohl sie 1945 den Amerikanern sagte: "I never belonged tot he NS-Party", ließ sie ihre Vergangenheit im NS-Justizwesen bis zum Schluss nicht mehr los. Ein akribisch recherchiertes Meisterwerk über den steinigen Weg von der Diktatur in die Demokratie.

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